Entgeltordnung für den BER: Laut wird teuer
Am BER soll Lärm was kosten. Reine Menschenliebe steckt nicht dahinter: Die Flughafengesellschaft will dringend ein längeres Nachtflugverbot vermeiden
Fliegen macht Lärm, das ist eine so banale wie unangenehme Realität. Zwar sind moderne Flugzeuge leiser als die Vorgängergenerationen, nur wird das in der Luftverkehrs-Boomtown Berlin durch die stetig steigende Zahl an Starts und Landungen locker wettgemacht. Aber jetzt kommt’s: Auch die Art und Weise, wie die Pilotin die Maschine bedient, wie viel Schub sie etwa zu welchem Zeitpunkt gibt, macht einen erheblichen Unterschied bei den Lärmemissionen.
Die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) will solche „lärmärmeren Flugverfahren“ im Rahmen der künftigen Entgeltordnung am BER belohnen. Das kündigte FBB-Chef Engelbert Lütke Daldrup am Freitag auf einer Pressekonferenz an. Schon jetzt würden alle Flugzeuge nach Bauart in sieben Lärmklassen eingeteilt, für laute müsse mehr gezahlt werden als für leisere. „Jetzt gehen wir den nächsten Schritt und leisten Pionierarbeit“, so Lütke Daldrup.
Mit neuen Messpunkten rings um den BER will die FBB den von jedem Flugzeug emittierten Lärm individuell messen – an drei Stellen hintereinander pro Start und Landung. Dann wird nach 11 Lärmklassen abgerechnet. Während für die leisesten „Flugereignisse“ gerade mal 40 Euro fällig werden, schlagen die lautesten mit 7.500 Euro heftig zu Buche. Wollen Airlines ihre Kosten senken, müssen sie also erstens leise Maschinen anschaffen und zweitens ihr Personal richtig schulen.
„Wachstum ist kein Wert an sich“
Aus reiner Nächstenliebe geht die FBB diesen Schritt nicht – auch wenn ihr Chef sagte, man wolle „verantwortlich mit dem Wachstum umgehen“, denn Wachstum sei „kein Wert an sich“. Vielmehr versucht die FBB der Ausweitung des für den Zeitraum von 0 bis 5 Uhr festgelegten Nachtflugverbots vorzubauen, wie es Brandenburgs BürgerInnen schon 2012 in einem erfolgreichen Volksbegehren gefordert haben. Lütke Daldrup betonte noch einmal, dass die „Tagesrandzeiten“ – 22 bis 0 Uhr und 5 bis 6 Uhr – wichtig für den wirtschaftlichen Betrieb des BER seien.
In diesen Zeiten werden weniger Starts und Landungen genehmigt, und nach der neuen Entgeltordnung werden sie auch bis zu sechsmal teurer sein als tagsüber. Verzichtbar seien sie nicht, so der Flughafenchef: Neben Logistikflügen nutzten auch „touristische und ethnische Verkehre“ saisonal die Randzeiten. Und: Gerade viele Interkontinentalflüge kämen zwischen 5 und 6 Uhr in Deutschland an. Ihnen die frühe Landung nicht zu ermöglichen, wäre für den BER ein großer Wettbewerbsnachteil.
Fertigstellung im Korridor
Zur Fertigstellung des Problemterminals T1, von der Start des BER abhängt, gab sich Lütke Daldrup optimistisch. Man befinde sich in dem „Fertigstellungskorridor“, den die FBB bei seinem Antritt im Dezember 2017 dem Aufsichtsrat mitgeteilt habe. „Aus unserer Sicht“ stehe der Inbetriebnahme im Oktober 2020 nichts im Wege.
„Das Monster ist final gezähmt“, sagte Lütke Daldrup über die Entrauchungssteuerung, die bereits vom TÜV abgenommen wurde. „Zu Beginn des Sommers“ sollen nun die Prüfungen der von Bosch installierten Brandmeldeanlage und der Notwarnsysteme erfolgen, bei den zeitlich kritischen Verkabelungsarbeiten durch die Firma Caverion geschehe dasselbe, allerdings erst einmal nur für die unter „Priorität 1“ zusammengefassten Teile. Die sogenannte Wirk- und Prinzipprüfung (WPP) könne dann bis Herbst durchgeführt werden.
Auf die Baufertigstellungsanzeige im Herbst folge im Frühjahr 2020 die Nutzungsfreigabe und von April bis Oktober der Testbetrieb (Operational Readiness and Airport Transfer, ORAT). Im Oktober könne dann eröffnet werden.
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