Enormes Konjunkturpaket: Chinas Programm freut die Welt
Peking will 460 Milliarden Euro in Infrastrukturprojekte und den Umweltschutz stecken. Das nützt nicht nur der chinesischen Wirtschaft, sondern auch weltweit der Konjunktur.
PEKING taz China habe die "Pflichten eines großen Landes", doch nicht die Mittel, die Welt von der Krise zu "erlösen", mahnte die Pekinger Wirtschaftszeitung Economic Observer noch vergangene Woche. Doch am Montag schlugen die Anleger in Asien alle Warnungen in den Wind. Die Börsen legten um bis zu 7 Prozent zu. Der Grund für den plötzlichen Glauben: Die Pekinger Regierung hat das größte chinesische Konjunkturprogramm aller Zeiten aufgelegt. Binnen zwei Jahren will Peking vier Billionen Yuan (rund 460 Milliarden Euro) in die eigene Wirtschaft pumpen.
Damit muss China ein Äquivalent von 6 Prozent seines Bruttosozialproduktes zusätzlich aus der Staatskasse finanzieren. "Die Größe des Konjunkturpakets übertrifft unsere Erwartungen", sagte Wang Qing, China-Experte der US-Investmentbank Morgan Stanley in Hongkong.
Peking reagiert mit dem Paket auf die Forderungen der Industrieländer, dass China im Zuge der Weltfinanzkrise seine Binnenwirtschaft stärken und die eigene Exportabhängigkeit reduzieren solle. "China ist in einer sehr starken Position, um fiskalisch zu expandieren", hatte Weltbank-Präsident Robert Zoellick erst am Wochenende erklärt.
Dass Peking Zoellick so schnell erhört, ist ein Novum chinesischer Politik. Ginge es nach den bisher ehernen kommunistischen Parteigesetzen, hätte erst die Zentrale Wirtschaftliche Arbeitskonferenz Ende November das neue Konjunkturprogramm verabschieden dürfen.
Offenbar wollte Peking seine Haltung noch vor dem Weltfinanzgipfel am 15. November in Washington klarmachen - auch als Geste an den neuen US-Präsidenten. Das Signal kam an: "Das enorme chinesische Paket wird die Weltwirtschaft stützen", lobte der Chef des Internationalen Währungsfonds, Dominique Strauss-Kahn. Im gleichen Sinne äußerte sich die US-Regierung.
Das Konjunkturpaket ist ein Zehnpunkteplan für staatliche Investitionen. Angeführt wird die Liste vom sozialen Wohnungsbau, gefolgt von Infrastrukturmaßnahmen für Wasserversorgung, Bewässerung, Landstraßen und Stromnetze. Verkehrsprojekte mit dem Schwerpunkt Eisenbahnausbau stehen an dritter Stelle. Dem folgen Investitionen in das Gesundheits- und Schulwesen, dann Ausgaben für den Umweltschutz. Erst an letzter Position kommen finanzpolitische Maßnahmen wie Kredite für Kleinunternehmen und Konsumenten.
Damit setzt Peking auf eine nachfrageorientierte Konjunkturpolitik. "Die Regierung will die alten Rechnungen der Bauern und Hinterlandprovinzen begleichen", kommentiert die Neue Pekinger Zeitung.
Wie dringend China den Stimulus des Staates braucht, zeigen die jüngsten Wachstumsprognosen. Trotz des Pakets stufte Morgan Stanley die Erwartungen für das 2009 am Montag von zuletzt 8,2 auf 7,5 Prozent hinab. Die staatlichen Maßnahmen könnten nur "das extreme Absturz-Risiko unter 7 Prozent Wachstum begrenzen", so die Ökonomen der US-Bank. Andere Experten hatten von einem Wachstumseinbruch auf 5 bis 6 Prozent gewarnt, nachdem die chinesische Wirtschaft jahrelang zweistellig gewachsen war.
Es gibt aber auch Zweifel an der Wirksamkeit der neuen Konjunkturmaßnahmen: "Wir steigen jetzt vom Thatcherismus zum Keynesianismus um", schreibt der Publizist Lu Linyuan. Doch sei das soziale Verteilungssystem in China verzerrt. "Die sogenannte aktive Wirtschaftspolitik verschleiert, dass die Bevölkerung abstumpft und sich die Krise weiter verschärft", schreibt Lu auf der populären Webseite www.wyzxsx.com.
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