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Engpässe bei KindermedizinBitte je­de*r nur eine Flasche

Vergangenen Herbst waren Kinderarznei knapp und Kinderkliniken am Limit. Wird es dieses Jahr besser? Karl Lauterbach appelliert an die Eltern.

War letzten Winter knapp: Fiebersaft für Kinder Foto: Hendrik Schmidt/dpa

taz | Berlin Es ist nicht lange her, da eskalierte die Versorgungssituation bei einfachen Kindermedikamenten wie Fieber- und Hustensaft, aber auch bei speziellen Kinderantibiotika. Mit Ver­tre­te­r*in­nen der Kinder- und Jugendmedizin, Apotheken und Pharmaindustrie verständigte sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Donnerstag auf einen 5-Punkte-Plan zur Sicherung der Versorgung mit Kinderarzneimitteln. Derweil warnen Kinder- und Ju­gend­mediziner*innen: An den Kinderkliniken bleibt die Lage kritisch.

Die Versorgungslage sieht laut Lauterbach heute grundsätzlich besser aus. Zu Engpässen könne es dennoch kommen, wenn die Krankheitswelle zu groß werde und wenn Eltern Vorräte horteten. Die Ursachen für den Mangel an (Kinder-)Medikamenten sind vielfältig: die Finanzierungssystematik im deutschen Arzneimittelmarkt, der Rückzug deutscher und europäischer Hersteller aus der Wirkstoffproduktion, die Anfälligkeit globaler Lieferketten. Im vergangenen Herbst und Winter verschärften Hamsterkäufe die Situation bei den Kindermedikamenten.

Um die Versorgung mit besonders knapper Medizin zu verbessern, hatte das Bundesgesundheitsministerium bereits im Sommer ein Gesetz vorgestellt. Es enthielt vor allem Vorschriften zur Bevorratung bei den Pharmaunternehmen und ein befristetes Aufheben der Festbeträge, die die Hersteller bis dato für Kinderarznei mit den Kassen abrechnen konnten. Damit sollten Pharmaunternehmen zu neuen Investi­tio­nen motiviert werden.

Nur ein kleiner Hausvorrat

Dass das nicht reichen werde, hatte Lauterbach schon im Sommer prophezeit. Der nun vorgelegte 5-Punkte-Plan enthält neben bereits bekannten Maßnahmen wie dem Aussetzen der Festbeträge vor allem Appelle: Kin­der­ärz­t*in­nen sollten Antibiotika sparsam und nur wenn absolut nötig verschreiben – so würden auch die gefürchteten Resistenzen gegen Antibiotika-Wirkstoffe verringert. Vor allem aber sollten Eltern keine freiverkäuflichen Medikamente horten – insbesondere die Apo­the­ken sollten entsprechend beraten.

Kinder- und Ju­gend­mediziner*innen warnen: An den Kinderkliniken bleibt die Lage kritisch

Ein kleiner Hausvorrat sei gut, damit kranke Kinder nicht bei jedem Infekt in die Praxis müssten und die Eltern Nächte oder Wochenenden überbrücken könnten, sagte auch Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen. Aber eine 100-ml-Flasche Fiebersaft pro Haushalt reiche dafür völlig aus.

Der 5-Punkte-Plan sieht außerdem vor, dass Apo­the­ke­r*in­nen bei Engpässen auch ohne Rücksprache mit verschreibender Ärz­t*in und ohne neues Rezept auf alternative Dosierungen und Darreichungsformen ausweichen können.

Laut dem Sprecher des Verbands Pro Generika, Andreas Burkhardt, würden die Hersteller indes auf Hochlast produzieren, zum Teil 100 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Neue Anbieter hätten sich aber trotz der Aussetzung der Festbeträge nicht angesiedelt. Die Erhöhung der abrechenbaren Preise hätte gerade gereicht, um die Inflation auszugleichen. Ausgestanden ist die Not in der medizinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen auch mit den zusätzlichen Maßnahmen nicht – darin waren sich Ver­tre­te­r*in­nen der Ärzteschaft, Apotheken und Industrie einig.

Sollten sich wie in den vergangenen zwei Jahren verschiedene Erkältungserkrankungen zu einer großen Welle auftürmen, dann könnten nicht nur die Medikamente in Apotheken wieder knapp werden.

In den Kinderkliniken gebe es im Vergleich zum Vorjahr keine wesentlichen Verbesserungen bei den belegbaren Betten und beim Personal, sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin und Direktor der Kinderklinik am Universitätskrankenhaus Köln, Jörg Dötsch, der taz. Bei einer großen Krankheitswelle drohten daher ähnlich dramatische Engpässe wie im vergangenen Herbst und Winter.

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5 Kommentare

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  • Wie hilflos sind Eltern denn mittlerweile? Wenn mein Kind Fieber hat - was übrigens bis zu einem gewissen Grad eine gesunde Reaktion des Körpers ist - gibt es unzählige Hausmittel, die ich als Eltern anwenden kann. Ich muss ein kleines Kind nicht mit Chemie vollstopfen. Ja, es braucht Zeit, in der ich mich kümmern muss und vielleicht ein paar schlaflose Nächte. Es gibt Tees, Wickel, die ach so nutzlose Homöopathie usw. Die Ärzte sollten über ihren Tellerrand hinaus lernen und von den Krankenkassen Beratungsgespräche mit den Eltern vernünftig bezahlt bekommen. Chemische Medikamente müssen den schweren Fällen vorbehalten sein.



    Ich habe die Verantwortung für mein Kind - nicht der Arzt.

  • Meine Vermutung: gerade die Betonung von "nur eine Flasche fürs Kind" wird genau das Gegenteil bewirken. Wer verlässt sich schon darauf, dass alle anderen sich daran halten... und man selbst nicht der letzte in der Reihe sein wird...

  • Die ohnehin permanent sektkorkenknallende Pharmalobby mit noch mehr Anreizen freundlich zu bitten, doch auch mal Medikamente herzustellen, die einfach nur Menschen helfen und nicht so gewinnträchtig sind, widerstrebt mir.

    Wäre es nicht möglich, die einfach zu zwingen und zu sagen "ab so und so viel Umsatz *müsst* ihr so und so viel Generika herstellen", oder ist das schon Sozialismus?

  • Auch nicht vergessen: bei den Säften fehlen auch die Fläschchen selbst. Energieprobleme führen zu weniger glasproduktion.

  • Und herzlichen Dank auch an die Krankenkassen für die überaus großzügige Erhöhung des Honorarpunktwertes, der die Kostensteigerungen in den Praxen völlig negiert und so manche Praxis an den Rand der Insolvenz bringen wird sowie erst recht keine jungen Ärzte motivieren wird, eine Praxis zu übernehmen.