Engagement beim Vereinsfußball: Nutzt die Anziehungskraft!

Ein Einblick in die politische Fankultur beim FC Carl Zeiss Jena. Der Club engagiert sich in Jugendarbeit gegen rechts. Ein Kommentar.

Fans vom FC Carl Zeiss Jena mit korrekter Message im Fanblock: kein fussball den faschisten Foto: Karina Hessland/imago

„Unverzagt gegen ihre Repressionen! Free Lina! Wir sind alle §129!“ steht auf einem Spruchband bei einem Heimspiel des FC Carl Zeiss Jena. Die Horda Azzuro, Jenas größte Fangruppe, solidarisiert sich hier mit dem Fall Lina E. Die Leipzigerin wurde 2023 nach Paragraf  129 Strafgesetzbuch wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung zu einer Haftstrafe verurteilt – begleitet wurde der Prozess von Demonstrationen und Unverständnis in der linken Szene.

Immer wieder wird der Fußball zur Bühne für politische Botschaften – in Jena, aber auch in ganz Deutschland. Es geht um Regenbogenbinden und den Wolfsgruß. Diese Politisierung des Sports gefällt aber nicht allen: Einer Umfrage nach wünscht sich fast die Hälfte der Deutschen eine Trennung von Sport und Politik.

In Jena gehört aber beides zusammen: Während der Verein zwar meist in politischen Fragen neutral auftritt, hat sich die Fanszene zu einem wichtigen politischen Akteur entwickelt, der Heimspiele nutzt, um Standpunkte nach außen zu tragen. Dabei geht es manchmal um den Erzrivalen Erfurt, den verhassten DFB oder NOFV, um das Pyrotechnikverbot, aber auch um größere Themen. Um Rassismus, Rechtsextremismus und Kapitalismus.

Aber besonders abseits vom Stadion engagiert sich die Fanszene politisch: So organisiert der Verein Hintertorperspektive Veranstaltungen, die über Xenophobie, Sexismus und Homophobie aufklären. Der Verein organisiert Fußballturniere, gepaart mit politischen Vorträgen über integrative Aspekt des Sports.

Fanprojekt für junge Menschen

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt das Fanprojekt Jena: „Fußball ist der Grund, warum junge Leute zu uns kommen“, erklärt Projektleiter Matthias Stein im Gespräch. Er betreut das Fanprojekt seit bald dreißig Jahren und engagiert sich auch für Belange der Fanszene gegenüber der Stadt Jena. In dem kleinen Haus vor dem Stadion treffen sich junge Fans, um gemeinsam zu Auswärtsspielen zu fahren, Tischkicker nach der Schule zu spielen oder wenn sie jemanden zum Reden brauchen. Darin besteht die Hauptaufgabe des Fanprojekts: für junge Menschen da zu sein. Das bedeutet auch, aktive Jugendarbeit zu betreiben: In Zusammenarbeit mit Lernort Stadion, einem Verein, der politische Bildung in Fußballstadien bringt, finden Workshops zu Themen wie Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit statt, aber auch eine Fahrt nach Buchenwald und Vorträge gehören zum Programm.

Fans organisieren Workshops zu Klimaschutz und Gerechtigkeit oder Fahrten nach Buchenwald

Die Fanszene spielt als großer Akteur eine wichtige Rolle in der politischen Landschaft Jenas – besonders für Jugendliche. Die rege Nutzung der Angebote des Fanprojekts oder des Vereins Hintertorperspektive zeigen, wie gut es funktioniert, Politik und Sport zu verknüpfen.

Dario Holz (22) lässt sich jedes Wochen­ende in Jena als Schiedsrichter anpöbeln und geht zum Ausgleich seiner (Vita-)Cola-Sucht nach.

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