piwik no script img

Energiewende in DeutschlandKosten, Zuschläge, Umlagen

Private Verbraucher sparen Strom und zahlen den Zuschlag für erneuerbare Energien. Dabei sind es Industriekunden, die von Wind- und Sonnenenergie profitieren.

Wenn die Sonne scheint und der Wind weht, sinken die Preise an der Strombörse. Bild: dpa

Nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) müssen Privathaushalte bislang auf jede Kilowattstunde Strom einen Zuschlag von 3,6 Cent für Ökostrom entrichten, sie zahlen damit insgesamt rund 24 Cent. Im Oktober steigt der Anteil wahrscheinlich auf 5 Cent.

Statt 144 Euro zahlt ein vierköpfiger Haushalt dann 200 Euro Ökozuschlag jährlich – für Wirtschaftsverbände, Verbraucherschützer und einige Politiker Grund genug, von einem unerträglich hohen Preis für Ökostrom zu reden.

Aber die Realität ist komplexer. Die Gleichung „Höhe der EEG-Umlage = Belastung durch Ökostrom“ verschweigt, dass nicht alle Kunden zahlen. Auch aus anderen Gründen führt diese Art der Berechnung in die Irre. Denn die Wind- und Solarkraftwerke drücken den Preis für Strom und CO2-Zertifikate an den Börsen immer dann nach unten, wenn der Wind weht und die Sonne scheint. Vor allem die Industriekunden (von denen viele die Umlage nicht zahlen müssen) profitieren davon.

Den Ökozuschlag müssen außerdem fast nur Privathaushalte und kleine Unternehmen zahlen. Großverbraucher genießen Ausnahmen. Die energieintensive Industrie spart laut Bundesnetzagentur 2,5 Milliarden Euro im Jahr. Deshalb wird es für die wenigen, die zahlen müssen, insgesamt teurer. Zwischen 2001 und 2010 haben die Privathaushalte dabei 20 Prozent Strom gespart. Aber: Ihre Haltung wird nicht belohnt, sondern mit höherem EEG-Zuschlag bestraft, weil sich der Preis nun auf weniger Kilowattstunden verteilt.

Rechnerisch steigt die EEG-Umlage, wenn der Strompreis fällt: Dahinter steckt das Gefälle zwischen der Förderung nach dem EEG und dem Strompreis an der Börse. Der Stromkunde profitiert nicht.

Für den Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) ist die Höhe der EEG-Umlage kein Indikator mehr dafür, was „die Energiewende im Strombereich kostet.“ Die wahren Zusatzkosten der Erneuerbaren lägen nicht bei 3,6 Cent, sondern nur bei 2,1 Cent pro kWh. Der private Thinktank „Weltzukunftsrat“ (WFC) rechnet vor, dass die Nichtnutzung von Erneuerbaren jeden Tag weltweit etwa 7 Milliarden Euro an Schäden verursacht, Umweltschäden noch nicht mitgezählt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • DH
    Doctor Hesselius

    Das Zeitalter der fossilen Energieträger hat gerade begonnen. Siehe hier: http://exitus-historiae.blogspot.de/2012/07/das-zeitalter-der-fossillen.html

  • HS
    Helga Schneider-Ludorff

    Es war ja mal angedacht, dass die Industriebetriebe in effizientere, umweltfreundlichere Anlagen investieren, um ihre Energiekosten zu senken. Aber die Stromsubventionen verhindern genau das. Denn entscheidend ist der jährliche Stromverbrauch,um von der EEG-Umlage befreit zu werden. Daher besteht für viele Betriebe kein Anreiz für Investitionen, da mit geringeren Stromkosten die Umlage wieder bezahlt werden müßte. Da wird auch schon mal nachgeholfen, indem Maschinen über Nacht oder Feiertage betrieben werden, um auf die geforderte Menge zu kommen. Daher sollten die Subventionen mit Auflagen verbunden werden.

     

    Helga Schneider-Ludorff, Oberursel

  • AD
    An den Wahrenwahreneinzigenerleuchteten

    "Ein Kampf gegen Windmühlen hier"

     

    Genau. Kicher.

  • TT
    The Truth

    Ein Kampf gegen Windmühlen hier.

     

    Es wird wohl jedem einleuchten, dass fernab jeglicher Subventionen Ökostrom teurer ist als Fossilstrom. Was ist wohl teurer/ineffizienter? Windräder in der Nordsee aufzustellen oder eine Kraftwerksturbine zu betreiben?

     

    Und dass niemand auf die Anmerkungen zu Deindustrialisierung eingegangen ist, zeigt deutlich, dass einige hier vollkommen unzureichende Kenntnisse von unserer Privat- und Volkswirtschaft haben. Grüne Ideologie kann man sich nur im öffentlichen Sektor erlauben!

  • V
    vic

    Ökostrom ist jetzt schon günstiger als Atom-und Fossilstrom. Und zum Glück wird sich der Preisunterschied verschärfen.

  • AD
    An den

    Verbreiter der einzigen und ewigen Wahrheiten,

    The Truth,:

     

    "BTW 40 Jahre Subventionierung für Atomstrom. In dieser Hinsicht sind die erneuerbaren Energieträger unübertroffen. DAS IST FAKT!"

     

    Belastbare Zahlen? Kosten der Endlagerung die nächsten 250.000 Jahre?

  • W
    Windmüller

    @ the truth

    Lügen werden auch durch Wiederholung nicht wahr.

    Rot/Grün hat mit dem Atomausstieg nach Fukushima rein gar nichts zu tun, Schwarz/Gelb ist momentan am Ruder.

    Und das erste Einspeisegesetz wurde 1990 unter Helmut Kohl eingeführt.

  • TT
    The Truth

    Das Volk wollte die Energiewende und muss sie auch bezahlen! Natürlich will keiner die Atommeiler vor der Haustüre, aber Energie aus Wind/Sonne/etc ist nunmal teuer. Leider hat uns das die Politik (Rot/Grün) verschwiegen, denn es war mit Inkraftreten des EEG klar, wer die Zeche zahlt!!

     

    BTW 40 Jahre Subventionierung für Atomstrom. In dieser Hinsicht sind die erneuerbaren Energieträger unübertroffen. DAS IST FAKT!

     

    Wenn man die energieintensive Industrie miteinschließt, leitet man die Deindustrialisierung des Landes ein.

  • NL
    Nicht labern

    sondern einfach mal selber vergleichen, was Ökostrom kostet.

    Bieten alle einfache Rechner an.

    Und mit dem vergleichen, was man jetzt bei Eon, RWE, ENBW, Vattenfall oder einem ihrer Öko-Täusch-Tochteruntenehmen zahlt, trotz 40 Jahren Subventionierung für Kohle- und Atomstrom.

     

    Das Einschalten des Hirns nimmt einem aber keiner ab.

     

    http://www.atomausstieg-selber-machen.de/stromwechsel.html

  • N
    @noevil

    "Höchst ärgerliche Sache. Da kann der kleine Stromkunde nur die Füße in die Hand nehmen und vom bisherigen Anbieter hin zum alternativen Stromanbieter wechseln.2

     

    Wenn es denn so einfach wäre. Würde gern preiswerten Atomstrom aus Frankreich beziehen - allein schon um ein Zeichen gegen diese eklige deutsche Pseudo-Weltrettungs-Arroganz zu setzen. Bietet aber keiner an.

  • N
    noevil

    Höchst ärgerliche Sache. Da kann der kleine Stromkunde nur die Füße in die Hand nehmen und vom bisherigen Anbieter hin zum alternativen Stromanbieter wechseln.

     

    Oder, wenn er sich nicht auskennt in dem Dschungel, zur Verbraucherzentrale gehen und sich gegen geringe Gebühr beraten und an die Hand nehmen lassen.

     

    - Und sich nicht von Panikmachern in die Irre führen lassen.