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Energiewende als ZitterpartieIn der Konsensschule mit Altmaier

Schafft es die Politik? Die Energiewende richtig zu organisieren und irgendwann in 30 Jahren ein Endlager für Atommüll zu finden? Jein.

Bundesumweltminister Peter Altmaier kommt mit dem Fahrrad zum taz.lab Bild: Wolfgang Borrs

BERLIN taz | Claus Leggewie wurde nervös. Das sei bei ihm immer so, wenn Politiker sagen, sie hätten einen Konsens gefunden, sagt er. Leggewie berät die Bundesregierung, er berät Attac, er ist Direktor des Kulturwissenschaftlichen Instituts in Essen und er beschäftigt sich viel mit Bürgerbeteiligung.

Was Leggewie nervös machte, ist eine Einigung Anfang April. CDU, CSU, SPD, FDP, Grüne, Bund und Länder, alle bis auf die Linkspartei, verständigten sich auf ein Gesetz, dass die künftige Suche nach einem Endlager für hochradioaktivem Müll regeln soll. Bis Juli wollen Bundesrat und Bundestag zustimmen. Ein großer bundespolitischer Konsens.

Jetzt, auf der Diskussionsveranstaltung „Schafft die Politik die Wende?“ auf dem taz-Kongress im Haus der Kulturen der Welt in Berlin, saß Leggewie auf einem Podium mit Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) und Rebecca Harms, der Fraktionsversitzenden der Grünen im Europaparlament und mahnte: der Sache fehle der Unterbau, der Anknüpfungspunkt an die Bürgergesellschaft.

Herzstück der Endlagersuche ist eine Kommission, die bis 2015 Empfehlungen erarbeiten soll, welche Anforderungen an ein Endlager gestellt und wie mögliche Standorte ausgeschlossen werden sollen. Der umstrittene Salzstock Gorleben bleibt dabei vorerst im Rennen.

Vergessene Endlagerung

Die 24 Mitglieder sollen nach dem Vorbild der Ethikkommission zum Atomausstieg aus Politikern, Wissenschaftlern, Vertretern von Gewerkschaften, Kirchen und der Wirtschaft zusammengesetzt sein. Die Kommission werde in Vergessenheit geraten, fürchtete Leggewie und damit das Gegenteil von dem erreichen, was sie eigentlich soll: echte Bürgerbeteiligung, echte Mitbestimmung vor Ort, um die Gesellschaft auf die Schwierigkeiten und die Konflikte vorzubereiten, die erst noch entstehen, wenn ein Standort gefunden ist – nach 2030.

Altmaier verteidigte den Kompromiss: „Bisher wollte man ein Endlager verhindern. Jetzt sagt man: Wir müssen eines finden“, sagte er und verwies darauf, dass das zugehörige Endlagersuchgesetz jederzeit wieder geändert werden könne. Die Einigung helfe, einen der „Urkonflikte“ der Bundesrepublik zu entschärfen. „Es war die letzten 30 Jahre ein endlos trauriges Thema und jetzt wird es vielleicht etwas weniger traurig“, sagte Altmaier.

Rebecca Harms widersprach. Obwohl ihre Partei, die Grünen, dem Kompromiss zugestimmt und ihn mit ausgehandelt hatten. „Unglaubliche Widersprüche“ stünden im Endlagersuchgesetz: Weil nicht klar sei, wie die Ergebnisse der Kommission behandelt werden sollten. „Man fragt sich, warum ein detailliertes Gesetz verabschiedet werden soll und erst danach in einer Kommission der Prozess dazu vorbereitet werden soll, der in ein vernünftige Endlagersuchgesetz münden könnte. Die Reihenfolge ist falsch“, kritisierte Harms.

Und die Energiewende? Hier, sagt Leggewie, sei ein großer Konsens grundsätzlich vernünftig. “Aber wie läuft der Prozess? In Deutschland machen wir die Energiewende ingenieurartig: ein Möglichst dickes Projekt mit möglichst dicken Stromtrassen“, kritisierte er. Die Möglichkeiten der Partizipation der Bürger würden nicht genutzt, die Frage, ob eine dezentralere Energieversorgung Leitungen sparen würden, wird nicht diskutiert. Als Beispiel für Beteiligung nannte er das Konzept von Zukunftsräten, in denen Bürger gemeinsam erarbeiten, was in ihrer Region für die Energiewende getan werden muss.

Am Ende dann noch ein schwarz-grüner Konsens: Europa habe in Sachen Klimaschutz nichts mehr vorzuweisen, sagte Harms. Im Jahr 2007 sind unter deutscher Ratspräsidentschaft Klimaschutzziele verabschiedet worden und von diesen rücke man Stück für Stück und Jahr für Jahr wieder ab, sagte Harms. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sorge dafür und Angela Merkel sei das Thema Klimaschutz mittlerweile egal, pflichtet Leggewie bei. Und CDU-Politiker Altmaier? Der widersprach den Angriffen kaum. „Ich bin in höchstem Maße alarmiert“, sagt er über den Zustand des Klimaschutzes. „Das Thema Klimaschutz ist aus der öffentliche Debatte verschwunden. Das führt dazu, dass die, die sich dafür einsetzen, weniger Rückenwind haben als noch vor drei, vier Jahren“, sagte er.

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6 Kommentare

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  • V
    vjr

    Leider auch so ein kluger Kopf wie Claus Leggewie versteht Bürger- (und, nicht zu vergessen, Politiker-)Beteiligung als Ab-und-zu-die-Leute-befragen. Echte, wahre Beteiligung muss her. Wie auch die Gepräche am – ausgezeichneten, danke taz! – tazlab, vor allem die am Rande der Podium-(Re-)Präsentationen belegen.

     

    Was aber ist eine Echte, wahre Bürger- und Politiker-Beteiligung, "auf Augenhöhe" (Heiner G.)? Was alles, ausser selbstverständlicher "Augenhöhe" zu ihr gehört? Einige der Wissenschaftler – auch wenn noch nicht die meisten – wissen es längst. Doch es fehlt an einer Übersetzung in die normale Sprache der normalen Menschen (Heiner G.). Eben das versuchen wir (mehr-demokratie.de/ak-buergerbeteiligung.html), hier Stichworte eines der letzten Entwürfe:

     

    Beteiligung/Partizipation – Begriffe, Bestandteile (Elemente), Voraussetzungen, Zusammenhänge und Beurteilungskriterien:

     

    - Information, Kommunikation

    - Dialog, Diskussion, Diskurs

    - Mitwirken, Mitgestalten

    - Mitentscheiden, Mitverantworten

     

    - Offenheit, Einbezug, Konsens und Konkordanz

    - Kompetenz, Verbindlichkeit, Verlässlichkeit

    - Transparenz, Integrität

    - Beständigkeit, Kontinuität, Wandel und Entwicklung

     

    (aus „Beteiligung/Partizipation – Prozesse, Zusammenhänge, Qualität“, Arbeitspapier für AK Bürgerbeteiligung, Entwurf März 2013, Vladimir Rott)

     

    Übrigens: Wir haben auch Heiner G.s S21-Schlichtung als Beteiligungs-/Partizipationsprozess beurteilt. Sie bekam eine knappe 5, immerhin, als gute Absicht, auf gutem Weg, hiess der Kommentar.

  • E
    edefault

    So funktioniert diese schwarzgelbe Regierung nun mal:

    Erst kurz links blinken und dann aber rechts abbiegen.

     

    Vollmundig die "Energiewende" für sich reklam(is)ieren,

    aber hintenrum die Interessen der Konzerne durchsetzen.

    Pfui Spinne!

     

    Hier protestieren:

    http://www.energie-neu-denken.de/buergerkraft-retten.php

  • P
    Polenu

    Endlager auf dem Mond

     

    Was kostet eigentlich der Mond? Wenn er nicht allzu teuer ist, kann Deutschland ihn doch kaufen und als Endlager nutzen. Die Ministerpräsidenten würden das echt toll finden!

     

    Weiter: http://www.polenum.com/politik_energie_umwelt_meinung/endlager-auf-dem-mond/

  • A
    almer

    "Bürgerräte"? Sowas wie "Parteien", Parlament usw. scheint nicht mehr en vogue zu sein. Schäbig, wie die Leggewies dieser Welt undemokratische Strukturen fordern, aber sehr gut von diesem Staat leben.

  • A
    aurorua

    Diese Handlanger, (unsere Politkasper) der Atommafia, welche gerade eine Metamorphose zur Alternativenergiemafia durchläuft, haben nie etwas geschafft und werden nichts schaffen, ausser Kosten, Kosten, Kosten für den Normalstromkunden und Gewinne wie asoziale Aktionäre.

    Dieser Ensdorfer Altmaier hat nur eins im Kopp, "Hauptsach gut gess"!

    Menschen die schon rein äusserlich absolute Disziplinlosigkeit, Masslosigkeit und Gier demonstrieren sind insgesamt unglaubwürdig!

    Energie, Wasser, PNV, Strassenbau, Kommunikation die Lebensadern einer Industriegesellschaft gehören allen Bürgern und somit in die öffentliche Hand. Gesteuert und gelenkt von Spezialisten und Fachkräften ohne Beamte. Dies gilt im Übrigen auch für den gesamten Pharma und Medizinsektor.

    Hier gilt es sparsam und kostendeckend zu arbeiten. Der gesamte Privatisierungswahn, begonnen vor über dreissig Jahren mit dem Politversprechen "alles wird billiger und besser, denn Konkurenz belebt das Geschäft", war und ist eine glatte Lüge zugunsten der Reichen und Superreichen, aber keiner merkt mehr was...gute Nacht MICHEL!

  • D
    Der

    Platz frei, hier kommt der Umweltminister. Ring, Ring.