Energiekrise in Deutschland: Habeck warnt vor Dauerschäden
Der Wirtschaftsminister spricht sich für umfangreiche finanzielle Hilfen der Bundesregierung aus. Verbände dringen auf rasche Klarheit bei der Gasumlage.
Am Mittwoch kommt Kanzler Olaf Scholz (SPD) mit den Regierungschefs der Länder zusammen. Habeck hatte bereits angekündigt, staatliche Hilfsprogramme für Unternehmen erweitern zu wollen. Offen ist aber die Frage der Finanzierung. Habeck hatte dazu ein Sondervermögen ins Spiel gebracht. Für die Bundeswehr war ein 100 Milliarden Euro schwerer Sondertopf beschlossen worden.
Umstritten in der Koalition ist, ob im kommenden Jahr wieder die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse eingehalten wird. Darauf pocht Finanzminister Christian Lindner (FDP). Die Schuldenbremse war wegen der Coronapandemie ausgesetzt worden. Sie erlaubt dem Bund nur in geringem Maße, neue Kredite aufzunehmen. Falls die Gasumlage gekippt wird, ist offen, woher das Geld kommen soll, um Gasimporteure zu stützen. Im Gespräch ist auch eine Gaspreisbremse.
Familienunternehmen forderten spürbare Entlastungen. Die Firmen müssten zu wettbewerbsfähigen Preisen in Deutschland produzieren können, sagte Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen und Politik. „Den Unternehmen läuft wegen steigender Energiepreise die Zeit davon. Die Bundesregierung sollte schnell eine wirksame Gas- und Strompreisbremse auf den Weg bringen.“
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hat angesichts der Kosten für einen Gaspreisdeckel Zweifel an der Einhaltung der Schuldenbremse. „Die Größenordnung von 30, 40, 50 Milliarden oder mehr sind da durchaus realistisch“, sagte er dem Sender RTL/ntv. DIW-Expertin Claudia Kemfert hält einen Gaspreisdeckel nicht für sinnvoll. Preise zu subventionieren, sei für den Staat enorm teuer, und es gebe keine ausreichenden Anreize, Gas einzusparen, sagte sie der Rheinischen Post.
Der Stadtwerke-Verband dringt auf rasche Klarheit zur Gasumlage. „Je länger gewartet wird, desto mehr Verwirrung, Aufwand und Kosten entstehen“, sagte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, sagte den Zeitungen der Mediengruppe Bayern, „wir hätten uns die Entscheidung für eine Gaspreisbremse viel früher gewünscht“. Der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, rief erneut zum Energiesparen auf. „Es reichen nur wenige sehr kalte Wochen – und die Gasverbräuche gehen durch die Decke“, sagte er der Augsburger Allgemeinen. Für Entwarnung gebe es keinen Anlass.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs