Energie: Weiche Kriterien, schwierige Kontrolle
Vattenfall und der Senat vereinbaren Nachhaltigkeitskriterien für das Verfeuern von Biomasse. Umweltschützer kritisieren vor allem, dass die Überprüfung nicht funktionieren kann.
Bei der Verpackung hat es mit der Nachhaltigkeit schon mal nicht geklappt. Die "Vereinbarung über die Nachhaltigkeit der Biomassebeschaffung", die die Umweltsenatorin und Vertreter des Energiekonzerns Vattenfall gestern unterzeichnet haben, ist auf glänzend weißem Papier gedruckt, eingefasst in einen Plastikeinband.
Inhaltlich soll die Vereinbarung richten, was auf Bundesebene bislang nicht gelang: das Festlegen verbindlicher Kriterien für die Nutzung von fester Biomasse. Denn Vattenfall will am Standort Klingenberg ab 2019 statt Kohle jährlich 500.000 Tonnen Holz in zwei Biomasse-Kraftwerken verfeuern - und damit seinen CO2-Ausstoß senken. Da in der Region um Berlin nicht so viel Holz wächst, wird das Unternehmen wohl Biomasse importieren.
"Vattenfall verpflichtet sich, diese Kriterien sofort anzuwenden, und Berlin wird dafür Sorge tragen, anderen Investoren, wenn sie in der Stadt etwas mit Biomasse machen wollen, diese Kriterien nahezulegen", erklärte Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei) die Vereinbarung. Die gilt bis 2020 - also bis ein Jahr nach der Inbetriebnahme der Kraftwerke.
Der Katalog sieht unter anderem vor, dass "faire Arbeitsbedingungen" gewährleistet und lokale Akteure einbezogen werden. Verschiedene Zertifizierungssysteme sollen sicherstellen, dass die Ziele eingehalten werden. Gegenüber der Verfeuerung von Kohle sollen die Biomasse-Kraftwerke im Mittel von zwei Jahren die Hälfte an Treibhausgas-Emissionen einsparen.
Der energiepolitische Sprecher der Grünen, Michael Schäfer, kritisiert, dass zwar ein Vergleichswert zu Kohle angegeben wird, aber keiner zu Gas. "Dabei wäre ein Gaskraftwerk die Alternative, und in so einer Vereinbarung müsste festgelegt werden, dass das Biomasse-Kraftwerk weniger Emissionen verursachen soll."
Vattenfall zieht in Erwägung, Biomasse unter anderem aus Polen, Nordamerika und Afrika zu importieren. "Beim Import ist es kaum möglich, vereinbarte Nachhaltigkeitskriterien zu kontrollieren", sagt Hartwig Berger, Vorsitzender des Ökowerks im Grunewald. Selbst das einigermaßen renommierte Siegel FSC, das in der Vereinbarung genannt wird, habe in verschiedenen Ländern sehr unterschiedliche Standards.
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