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Energetische GebäudesanierungBilliger heizen soll sich schneller lohnen

Umweltschützer und Gewerkschafter fordern unter dem Titel "Ungedämmte Wohnungen sind FreiHEIZberaubung" mehr Geld für die energetische Gebäudesanierung.

An die Heizung gekettet. Bild: screenshot www.freiheizberaubung.de

BERLIN taz | Die Bundesregierung verschläft das Thema der energetischen Gebäudesanierung in Deutschland. So sehen es jedenfalls Umweltschützer und Gewerkschafter, die jetzt Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) mit einer Kampagne Beine machen wollen. Ihr etwas sperriger Titel: "Ungedämmte Wohnungen sind FreiHEIZberaubung."

Um dem Anliegen Nachdruck zu verleihen, ketteten sich gestern vor dem Bundesbauministerium Aktivisten an mitgebrachte Heizkörper an. Unterstützt wird die Kampagne von der Klimaallianz, dem Naturschutzbund Deutschland, dem WWF Deutschland und Industriegewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt (IG BAU).

Hintergrund der Kampagne ist: 80 Prozent der Gebäude sind nicht ausreichend energetisch saniert. Insgesamt verursachen die rund 18,5 Millionen Gebäude direkt und indirekt fast ein Drittel der klimaschädlichen Kohlendioxidemissionen (CO2). Bei Mietwohnungen sind energetische Sanierungen häufig ein Problem: Einerseits fürchten nämlich Mieter, dass sie nach der Sanierung eine zu hohe Miete zahlen müssen; andererseits wollen Vermieter nicht in Maßnahmen investieren, von denen nicht sie, sondern in erster Linie die Mieter etwas haben, da diese künftig weniger fürs Heizen zahlen müssen. Etwas klarer, aber ebenfalls nicht unkompliziert ist die Lage für Eigenheimbesitzer. Zwar rechnet sich für sie eine energetische Sanierung langfristig - aber viele haben kurzfristig nicht das Geld für die notwendigen Investitionen, weil sie etwa noch Hypotheken abzahlen müssen, ihre Kinder finanzieren oder schon Rentner sind. Die Klimaallianz will diese Probleme durch mehr staatliches Geld für Sanierungswillige lösen.

Das CO2-Gebäudesanierungsprogramm der Bundesregierung müsse auf mindestens zwei Milliarden Euro erhöht werden, fordert die Allianz. Zudem sollten steuerliche Sanierungsanreize für Selbstnutzer und Kleinvermieter geschaffen werden. Eine Zusatzsteuer auf Heizöl in Höhe von vier Cent pro Liter könnte jährlich etwa 2,5 Milliarden Euro bringen.

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10 Kommentare

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  • MS
    Marc Schäfer

    Liebe Sanierungslobby,

     

    im Artikel steht es richtig drin: LANGFRISTIG lohnt sich die energetische Sanierung, aber KURZFRISTIG und wohl auch mittelfristig fehlt vielen einfach das Geld dafür.

     

    So ist es auch bei uns und unserem alten Haus, das immerhin neue Fenster und ein neues gedämmtes Dach (Privatkredit!) hat. Für die Fassadensanierung, eine Kellerdämmung und eine neue Heizung fehlte aber einfach das Geld. Warum? Ganz einfach: JETZT müssen die kleinen Kinder versorgt werden, JETZT müssen Bahnkarten, Auto und Fahrräder bezahlt werden, JETZT müssen kaputte Rohre und Haushaltsgeräte ersetzt werden, JETZT müssen Hypotheken und Privatkredite abbezahlt werden. Da nützt es uns überhaupt nichts, wenn sich die energetische Sanierung vielleicht in 30 Jahren amortisiert hat; wir aber JETZT monatlich mehrere hundert Euro dafür aufbringen müssten.

     

    Ganz abgesehen davon, dass jede Kreditaufnahme bei einer Bank ein Risiko ist... Was ist, wenn man die Raten wegen Arbeitslosigkeit oder anderen Unglücken des Lebens nicht mehr zahlen kann? Oder der Kredit an Kredithaie verkauft wurde?

     

    Im übrigen nützen auch die tollen KfW-Förderungen dann, wenn es konkret wird, nicht viel - weil erstens die Bedingungen, sie zu kriegen, hart sind, und weil zweitens die ganze große Investition ja trotzdem aufgebracht werden muss.

     

    Man sieht: Der Teufel steckt im Detail.

     

    Man sieht weiter: Die Saniererei bleibt ein Dilemma, auch für die Politik: Einerseits ist es wünschenswert, wenn viel saniert wird, aber andererseits kann der Staat ja schlecht die gesamten Sanierungskosten für risikoscheue Immobilienbesitzer übernehmen. Aber ihnen eine Sanierung vorschreiben, geht auch nicht, da es viele finanziell überfordern würde - und keine Volkspartei gegen Häuslebauer Politik machen kann. Bleibt eigentlich nur, wie es die Kampagne auch fordert, denen, die sich eine Sanierung leisten können, die Maßnahmen durch ein paar staatliche Leckerlis schmackhaft zu machen.

     

    Da der Staat - ist Gebäudesanierung wichtiger als der Ausbau der Kitas? - aber auch nicht unbegrenzt Geld hat, wird es wohl bei Trippelschritten bleiben.

     

     

    Marc Schäfer

  • MH
    Manuel Haus

    Oh je, wieder die "Bauschaum-Mafia", die Atmenden Wände und was noch alles. Ist das jemals auszurotten? Warum verlangen die AuftraggeberInnen denn nicht einen korrekten Fenstereinbau mit Schutz gegen Luftundichtigkeit? wahrscheinlich weil das bessere Angebot "zu teuer" war. Und die Wände atmen wirklich nciht, auch wenn Pettenkofer (ein Mediziner!)das gemeint hat. Schimmel nach Dämmung ist immer die Folge von falscher Ausführung. Oder es wurden auch die fenster ausgetauscht und den BewohnerInnen ist nicht klar, dass sie jetzt statt durch einen 5-fach zu hohen Luftwechsels durch Wind und Wetter selber für die Abfuhr von Feuchte sorgen müssen. N.B.: Der Luftwechsel nach der Dämmung muss nicht vergrößert werden. Er war nur vorher unbemerkt, unkontrolliert und meist viel zu groß (mit viel zu großen Wärmeverlusten)!

  • WS
    Warmmietenneutral Sanieren

    es ist schon traurig, dass alle bei extremwetterereignissen und dem drohenden aussterben der eisbären einen schreck kriegen, den klimawandel also scheinbar spüren können... und dann aber nicht die verbindung zur energetischen gebäudesanierung hinkriegen. der schreck, der klimawandel ist schnell wieder vergessen.

    aber das potenzial der gebäudesanierung bleibt!

     

    und des gibt wege, das so zu machen, dass die mieter nicht überproportional belastet werden. und z.b. künftig auch die miete mindern dürfen müssten, wenn die wohnung nicht auf dem neuesten energetischen stand ist. denn in berlin sind die gaspreise in den letzten 10 jahren um 70% gestiegen, aber davon gab es keine förderprogramme, davon profitieren nur unsere russischen freunde mit ihrem gas.

     

    also, springt mal über den schatten, dass energetische sanierung nur als motiv für mietsteigerungen gesehen wird. springt über das paradigma "arme können sich klimamschutz nicht leisten". das ist quatsch. jeder unterlassene klimaschutz JETZT und HEUTE fällt uns später so was von auf die füße, ihr werdet euch noch wundern.

     

    (und überhaupt: nur schlecht sanierte/gedämmte wohnungen haben schimmel-probleme. das ist kein problem des instruments, sondern ein problem von schlecht ausgeführten maßnahmen bzw. maßnahmen in der falschen reihenfolge.)

  • WS
    warmmietenneutral sanieren

    es ist schon traurig, dass alle bei extremwetterereignissen und dem drohenden aussterben der eisbären einen schreck kriegen, den klimawandel also scheinbar spüren können... und dann aber nicht die verbindung zur energetischen gebäudesanierung hinkriegen. der schreck, der klimawandel ist schnell wieder vergessen.

    aber das potenzial der gebäudesanierung bleibt!

     

    und des gibt wege, das so zu machen, dass die mieter nicht überproportional belastet werden. und z.b. künftig auch die miete mindern dürfen müssten, wenn die wohnung nicht auf dem neuesten energetischen stand ist. denn in berlin sind die gaspreise in den letzten 10 jahren um 70% gestiegen, aber davon gab es keine förderprogramme, davon profitieren nur unsere russischen freunde mit ihrem gas.

     

    also, springt mal über den schatten, dass energetische sanierung nur als motiv für mietsteigerungen gesehen wird. springt über das paradigma "arme können sich klimamschutz nicht leisten". das ist quatsch. jeder unterlassene klimaschutz JETZT und HEUTE fällt uns später so was von auf die füße, ihr werdet euch noch wundern.

     

    (und überhaupt: nur schlecht sanierte/gedämmte wohnungen haben schimmel-probleme. das ist kein problem des instruments, sondern ein problem von schlecht ausgeführten maßnahmen bzw. maßnahmen in der falschen reihenfolge.)

  • BA
    Birgit Ali Othman

    Klingt ja immer ganz toll mit der Wärmeisolierung... bei uns wurde isoliert mit dem Ergebnis, dass die normalerweise atmende Backsteinwand schimmelt.

    Ich wohne seit fast 30 Jahren in diesem Haus und hatte nie Schimmelprobleme.

    Nun heize ich noch mehr um den Schimmel zu bekämpfen.... Alles Lüge.....

     

    Keine einzige "Öffentliche Stimme", nicht mal "meine Grünen" sprechen von

    "individueller Energieerzeugung" wie sie z.B. von Lichtblick angeboten wird...

    Jeder Haushalt, bzw. jedes Haus sollte vollkommen unabhängig sein von den großen Energiekonzernen.... so wie auch jeder seine eigene Waschmaschine hat...

    grösser sind die "Schwarmstrom Module" von LICHTBLICK auch nicht....

  • S
    Stefan

    Na super! Wir packen alle unsere Häuser in schädlichen Sondermüll, bezahlt von den Mietern, und nennen es Umweltschutz.

  • G
    Glühlampe

    Prima Aktion, können wir die Leute nicht einfach über den Winter an ihrem Heizkörper dran lassen - vor dem Bundestag? Die Heizkosten sind für viele (ob Mieter oder Eigentümer)nach der Energiepreisentwicklung der letzten Jahre sowieso schon ein gewaltiger Posten im Etat, sie kommen z.T. an finanzielle Grenzen. Und da schlagen wir mal fix noch ein paar Cent auf den Liter Heizöl zur Gegenfinanzierung von Fördermitteln. Vor Fördermittel kommt aber immer Eigenmittel. Und die, die diese nicht haben (aber mit Sicherheit gern ein besser gedämmtes Gebäude) zahlen auf ihren höheren Verbauch auch noch mal zusätzlich. Aber arme Leute sollten sich in dieser Republik sowieso wärmer Anziehen (frei nach Sarrazin).

  • D
    Domsch

    Eine zusätzliche Heizölsteuer, großartig. Wie hoch die Heizkosten der Mieter sind, interessiert einen Vermieter bzw. Investor herzlich wenig. Besonders hart trifft es also jene, die in einfach Wohnungen in eher "unschönen" Gegenden wohnen. Sparen tut jener, der ein eigenes Haus besitzt oder dessen Vermieter eine solche Investition mal eben tätigte. Profitieren würden also jene, die eh schon mit ihrem Cadium auf den Dächern Strom ins Netz einspeisen und für ein Fünftel des Preises diesen wieder vom Netz beziehen. RWE und co. kann es ja egal sein. Die Kosten werden ja weitergeleitet an die Besitzer in den einfachen Wohnung.

     

    Zudem steigt Heizöl bereits gewaltig. Nimmt man den Trend der letzten 15 Jahre, dann dürften wir bis spätestens 2020 bereits eine Verdoppelung haben. Nehmen wir als Beispiel Hamburg: In Winterhude oder Eppendorf liegen die Mieten derzeit bei etwa 10 Euro kalt. In Dulsberg sind es 6. In zehn Jahren zahlt eine sanierte Wohnung in Eppendorf etwa 1 bis 2 Euro pro Quadratmeter für Heiz- und Nebenkosten. In Dulsberg sind es weitere 6.

     

    a) Wer will bei selben Mietkosten (man spricht ja mittlerweile von einer "Zweiten Miete") in Dulsberg leben bleiben? Des echten (wenn auch zerbröselten) Klinkers wegen?

     

    b) Wo sollen diese Menschen hin? Auch in Steilshoop oder Kirchdorf Süd werden die Heizkosten nicht günstiger sein. Und sind sie es, weil irgendein Unternehmen Geld investierte, wird man es auf die Kaltmiete weiter abdrücken. Ich will ja nicht in Hysterie verfallen, aber was wir bisher an Gentrifizierung und so weiter sahen, ist es nichts im Vergleich zu den Umsiedlungen, die uns noch bevorstehen, wenn eine Regierung das Thema nicht bald nach ganz vorne schiebt.

  • HZ
    Hei zung

    Die Grünen Ideen mögen nett klingen. Die Bauschaum-Mafia benutzt aber für Fenstert den dafür verbotenen Bauschaum. Dieser schrumpft und durch die Lücken kommen die böse Kälte. Diese kommt an die Metallteile im Fensterrahmen und durchkühlt den ganzen Fensterrahmen.

    Anständige Handwerker und anständige Politiker sind dankenswerterweise in Deutschland in der Überzahl..............

     

    Interessanter als Geldgeschenke für Totalsanierungen halte ich Bluetooth und Messfühler, Lüfter und Fenster-Öffner-Schliesser. Dann könnte man (ohne das ständig selber machen zu müssen) automatisch die Zieltemperaturen im Sommer und Frühjahr und Herbst erreichen. Wenn man 10% der Tage im Frühjahr und Herbst nicht mehr sparen muss, hat man auch Geld gespart !und! eine deutlich angenehmere Raumklimasierung.

    Aber Grüne lehnen Computer wohl ab.

  • LW
    lukas Wagenmacher

    Mittelfristig MÜSSEN alle gebäude auf niedrigstenergiestandard gebracht werden, wenn sich nicht alternative, CO2-freie technologien zum heizen nutzen lassen. denn langfristig werden gas und öl sehr teuer werden. und jeder für's heizen ausgegebene cent ist im wahrsten sinne des wortes verbrannt.

     

    hinzu kommt die abhängigkeit von politisch zweifelhaften ländern wie russland oder den arabischen staaten.

     

    deswegen besser jetzt radikale gebäudesanierung betreiben. am besten auch mit teilweisem abriss von nicht mehr rentablen altbauten. die sich daraus ergebenen städtebaulichen chancen könnten auch gleich genutzt werden um in den großen städten den öffentlichen nahverkehr zu verbessern!