: Endlich heiße Hufspur
Viehdiebstähle in Brandenburg: Polizei nahm mutmaßlichen Täter fest/ Fahndung ausgeschrieben ■ Von Claus Christian Malzahn
Berlin (taz) — Die Polizei verfolgt im Zusammenhang mit den mysteriösen Viehdiebstählen in Brandenburg (die taz berichtete) zum ersten Mal seit 14 Monaten eine heiße Spur. Wie das Landeskriminalamt jetzt mitteilte, wurde in der vergangenen Woche der 39jährige Ewald W. in Ahaus (Nordrhein Westfalen) festgenommen. Ewald W. soll Mitglied einer Bande aus dem Münsterland sein, die in den vergangenen 14 Monaten insgesamt 137 Tiere im Gesamtwert von 225.000 Mark aus brandenburgischen Ställen gestohlen hat. Gegen den mutmaßlichen Viehdieb hat das Kreisgericht Frankfurt/Oder inzwischen Haftbefehl erlassen.
In einer Fahndungs- und Durchsuchungsaktion in Brandenburg und Nordrhein-Westfalen wurden in der vergangenen Woche mehrere Wohn- und Gewerberäume sowie eine Kälberzentrale im deutsch-holländischen Grenzgebiet von MitarbeiterInnen der „Sonderkommission Weide“ durchsucht. Ob die gestohlenen Tiere in deutsche oder ausländische Schlachthöfe gebracht wurden, wollte die Polizei gestern nicht verraten.
Die Ermittler geht davon aus, daß neben dieser Tätergruppe noch andere Banden in Brandenburg ihr Unwesen treiben. In den vergangenen 14 Monaten verschwanden aus den Ställen ehemaliger landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften über 500 Bullen, Rinder und Schweine. Die Polizei schätzt den Gesamtschaden auf mindestens 700.000 Mark. Viele Bauern werden durch den Viehdiebstahl in den Ruin getrieben, weil sie nicht diebstahlversichert sind — die Prämien sind zu hoch.
Die Polizei fahndet jetzt nach Raimund Lütkenhaus, der ebenfalls zur münsterländischen Bande gehören soll. Lütkenhaus werden neben den Viehdiebstählen noch andere Betrugsdelikte zur Last gelegt. Lütkenhaus — 36 Jahre alt, 1,90 Meter groß, kräftige Gestalt, dunkle Haare — wurde zuletzt in einem schwarz-grau-metallicfarbenen Geländewagen der Marke Mitsubishi Pajero (amtliches Kennzeichen: WAF-UD 462) gesehen. Die Polizei geht davon aus, daß sich Lütkenhaus noch immer in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen herumtreibt und sich dort als Viehaufkäufer ausgibt. Bevor die Diebe zuschlagen, besichtigen sie — als Kaufinteressenten getarnt — die Ställe und Hofanlagen ihrer Opfer. Hinweise zum Aufenthalt von Lütkenhaus nimmt jede Polizeidienstelle entgegen.
Trotz dieser heißen Spur „können wir noch keine Entwarnung geben“, sagte Polizeisprecher Jürgen Dziuba gestern der taz. Die Verhaftung von Ewald W. und die Identifizierung des anderen mutmaßlichen Viehdiebs sei zwar „ein wichtiger Schritt nach vorne“. Das Problem sei aber noch nicht gelöst, da mehrere konkurrierende Gruppen am Werk seien. Dziuba: „Die Bauern in Brandenburg müssen weiterhin wachsam sein!“
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