Endlager-Kommission: Atom-Gewerkschaft sucht Standort
Für die wichtige Endlager-Kommission nominiert der DGB ausgerechnet die Bergbau-Gewerkschaft IG BCE. Die war bisher großer Fan von Gorleben.
BERLIN taz | Die ersten Namen für die 33-köpfige Kommission, die die Kriterien für das neue Atommüll-Endlager entwickeln soll, stehen fest: Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) nominierte nach taz-Informationen den stellvertretenden Vorsitzenden der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Erhard Ott, und das Vorstandsmitglied der Industriegewerkschaft Bergbau Chemie Energie (IG BCE), Edeltraud Glänzer. Als Stellvertreter soll bei Bedarf DGB-Vorstandsmitglied Dietmar Hexel fungieren.
Um die beiden Plätze, die den Gewerkschaften zustehen, hatte es zuvor heftiges Gerangel gegeben. Zum einen wollte auch die IG Metall, in viele Unternehmen der Erneuerbare-Energie-Branche organisiert sind, vertreten sein. Zum anderen gab es Vorbehalte gegen die IG BCE, weil sich diese in der Vergangenheit stets einen atomkraftfreundlichen Kurs gefahren hatte und sich für Gorleben als Endlager-Standort eingesetzt hatte.
„Die Erkundung des Salzstockes Gorleben sollte wieder aufgenommen und zu Ende geführt werden“, heißt es etwa im Appell „Mehr Realismus in der Energie und Umweltpolitik erforderlich“, der im Oktober 2005 von den vier großen Stromkonzernen EnBW, Eon, RWE und Vattenfall zusammen mit der IG BCE und Verdi veröffentlicht wurde (hier als pdf). Doch während Verdi sich bald davon distanzierte und Gorleben mittlerweile sehr kritisch sieht, blieb die BCE bei ihrem Kurs.
Baustopp abgelehnt
Der heutige Vorsitzende Michael Vassiliadis sagte 2010 in einem HAZ-Interview zum Standort Gorleben: „Der provisorische Zustand, wie wir ihn dort jetzt haben, ist problematischer, als wenn wir dort schon ein offizielles Endlager betreiben würden.“ Und noch 2012 protestierte die Gewerkschaft gegen den Baustopp in Gorleben und verlangte, dort weitere Forschungsarbeiten durchzuführen.
Greenpeace-Sprecher Tobias Münchmeyer äußerte sich dementsprechend enttäuscht, dass mit der IG BCE eine „Vorfeldorganisation der Energiekonzerne“ für die Gewerkschaften sprechen soll.
Die Gewerkschaft selbst äußerte sich nicht zur Frage, mit welchen Positionen sie in die Kommission geht. Die nominierte Edeltraud Glänzer war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen, die Pressestelle gab keine Auskunft. Für den DGB erklärte Vorstand Dietmar Hexel, er erwarte, dass die Gewerkschafter in der Kommission die „gemeinsame Position des DGB vertreten“.
Die Mitglieder der Endlager-Kommission sollen bis Mitte August benannt und Anfang September vom Bundestag gewählt werden. Neben den Gewerkschaften sind jeweils zwei Sitze für Umweltverbände, Industrie und Kirchen vorgesehen, zudem acht WissenschaftlerInnen, 16 PolitikerInnen sowie ein Vorsitzender oder eine Vorsitzende.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“