Ende des Bundesprogramms Sprachkitas: Die Fans sind auch im Bundestag

Am Dienstag diskutiert der Bundestag über den Haushalt 2023 – und das Bundesprogramm Sprachkitas. Eine Petition will dessen Ende verhindern

Ein Mädchen spielt in einer Kita mit bunten Bechern und Bauklötzen

In der Kita üben Kinder nicht nur die Motorik, sondern auch die Sprache Foto: Uwe Anspach/dpa

BERLIN taz | Die Kampagne für den Erhalt des Bundesprogramms „Sprachkitas“ nimmt Fahrt auf. Für diesen Dienstag um 17 Uhr hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zu einer Protestaktion am Brandenburger Tor in Berlin aufgerufen. „Lasst uns gemeinsam das Thema Kitas und unseren Frust auf die Kürzungen und die Tatenlosigkeit der Politik laut machen!“, heißt es in dem Aufruf. „Bringt eure Kolleg*innen, #Kita-Eltern und Kinder gleich mit.“

Der Zeitpunkt für die Demo ist alles andere als ein Zufall. Wenige Stunden zuvor will der Bundestag über den Haushaltsentwurf der Bundesregierung für das kommende Jahr diskutieren. Eine Förderung der Sprachkitas ist darin aber nicht mehr vorgesehen. Das Programm, von dem aktuell jede achte Kita bundesweit profitiert, würde damit Ende des Jahres auslaufen. Seit 2016 unterstützt der Bund Kitas, die besonders viele Kinder sprachlich fördern, mit zusätzlichem Personal und Fachberatung. Rund 7.000 Sprachfachkräfte werden aktuell über das Programm beschäftigt.

Nun jedoch stehen die Sprachkitas also vor dem Aus. Stattdessen soll die Sprachförderung in das geplante „Kita-Qualitätsgesetz“, den Nachfolger des sogenannten Gute-Kita-Gesetzes, integriert werden. So hat es das Bundeskabinett kürzlich beschlossen. Knapp 2 Milliarden Euro sind dafür insgesamt im kommenden Jahr vorgesehen. Die zusätzlichen Bundesmittel für die Sprachförderung – zuletzt rund 240 Millionen Euro im Jahr – fallen dann jedoch weg.

Die zuständige Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) steht deshalb seit Wochen in der Kritik. Kitaleitungen, Trägerverbände, aber auch die Länder fordern eine weitere Finanzierung für das Programm. Denn: Viele Bil­dungs­ex­per­t:in­nen bezeichnen das Programm als wichtigen Beitrag zur Chancengerechtigkeit in der frühen Bildung. Angesichts der vielen Flüchtlingskinder aus der Ukraine sei eine Einstellung des Programms besonders kurzsichtig, betonen Kritiker:innen.

Meck-Pomm wird aktiv

Mecklenburg-Vorpommern hatte bereits eine Bundesrats­ini­tiative zum Erhalt der Sprachkitas angekündigt. „Der Bund will Mittel zur Unterstützung von Kindern mit sprachlichem Förderbedarf streichen, obwohl der Unterstützungsbedarf deutschlandweit sehr hoch ist“, begründet Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linkspartei) den Antrag ihres Bundeslandes.

Die geplante Kürzung ginge zulasten der Förderung der Kinder. „Der Bund stiehlt sich aus seiner Verantwortung“, betonte Oldenburg. Sollte der Bundesrat der Initiative aus Schwerin zustimmen, müsste die Bundesregierung einen entsprechenden Gesetzesentwurf an den Bundestag zur Abstimmung weiterleiten.

Ein ähnliches Ziel verfolgt eine Petition an den Deutschen Bundestag, die eine Kitaleiterin aus Mecklenburg-Vorpommern Anfang August eingebracht hat und die darin den Erhalt sowie Ausbau des Förderprogramms fordert. Damit die Petition im Bundestag diskutiert wird, müssen bis zum 20. September 50.000 Unterschriften zusammenkommen. Am Sonntagnachmittag hatten etwas mehr als 26.000 Menschen die Petition unterzeichnet – darunter auch Bundestagsabgeordnete der Ampelparteien wie der ­SPDler Erik von Malottki.

Ob sich im Bundestag jedoch überhaupt eine Mehrheit für die Sprachkitas finden würde, darf bezweifelt werden. Zwar zeigten zuletzt auch einflussreiche Abgeordnete wie der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil Verständnis für „die Unsicherheiten bei der Sprachförderung in Kitas“. Am­pel­po­li­ti­ke­r:in­nen sehen mit dem neuen „Kita-Qualitätsgesetz“ jedoch das Versprechen aus dem Koalitionsvertrag erfüllt: den Ausbau und die Verstetigung der Sprachförderung.

Paus stellt Haushalt vor

Der Gesetzentwurf lege den Fokus klar auf die Qualitätsentwicklung in der frühkindlichen Bildung, lobt die bildungspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Nina Stahr. Gleichzeitig sicherte Stahr zu, die Grünen würden den Fokus spezifisch auf Sprachförderung „im parlamentarischen Verfahren absichern und nachschärfen“.

Voraussichtlich im November wird der Haushalt von Bundestag und Bundesrat verabschiedet. Bundesfamilienministerin Paus stehen nach den bisherigen Plänen 12,88 Milliarden Euro für 2023 zur Verfügung, ein wenig mehr als noch 2022. Einen Großteil des Geldes verschlingen demnach Elterngeld, Kindergeld und Kinderzuschlag. Bei der Kinder- und Jugendpolitik hingegen muss das Ministerium deutlich sparen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.