Empörung über Rückkehrerplakate: Oh du Christsoziale!
Kurz vor Weihnachten wirbt das Innenministerium damit, rückkehrende Geflüchtete zu belohnen. Social-Media-Nutzer halten nicht viel von der Aktion.
Bunte Flaggen aus mehreren Ländern, ein Text in verschiedenen Sprachen, in der linken Ecke das Logo des deutschen Innenministeriums. Auf den ersten Blick sehen die Plakate aus wie eine Werbung für Sprachkurse – finanziert von Bundesinnenminister Horst Seehofer höchst persönlich. Bei genauerer Betrachtung wird klar: Das stimmt so wohl eher nicht.
„Dein Land. Deine Zukunft. Jetzt!“, steht darauf in Großbuchstaben geschrieben. Darunter, versteckt in einer Emailadresse: „Freiwillige Rückkehr“. Das Innenministerium hat den Slogan in mehrere Sprachen übersetzen lassen, unter anderem auf Arabisch und Russisch. Die Plakatreihe „ziert“ derzeit die Bahnhofswände in mehreren deutschen Städten. Das Innenministerium hat eine halbe Millionen Euro Steuergeld dafür ausgegeben.
Ein fragwürdiges Zeichen
Hinter all dem steckt eine Werbeaktion: Das Ministerium will für zwölf Monate die Wohnkosten von Geflüchteten in ihrem Heimatland übernehmen. Allerdings nur, wenn diese sich bis zum 31. Dezember dieses Jahres entschieden, freiwillig Deutschland zu verlassen. Die Aktion richtet sich eigentlich nur an Geflüchtete, deren Asylantrag abgelehnt wurde. Das lässt sich anhand der Plakate aber nicht erkennen, jeder Geflüchtete könnte sich deshalb angesprochen fühlen.
Die Plakate sind ein fragwürdiges Zeichen, erst recht so kurz vor Weihnachten. Denn unterschwellig könnte die Botschaft lauten: „Verschwindet, wir wollen euch hier nicht!“ So sieht es jedenfalls ein großer Teil der Community auf Twitter und Instagram.
So wird einem Politikwissenschaftler von der Uni Duisburg-Essen schlecht, wenn er die Plakate sieht, wie er auf Twitter schreibt.
Empfohlener externer Inhalt
Eine Mitarbeiterin eines Marketing-Unternehmens schämt sich für die vorweihnachtliche Aktion.
Empfohlener externer Inhalt
Andere User*Innen werden durch die Plakate inspiert, ihre Empörung auf kreative Art und Weise zu äußern.
So steht auf einem Zettel, der auf ein Plakat geklebt wurde: „Es ist schön mit euch, bleibt doch hier!“
Empfohlener externer Inhalt
Auf anderen Plakaten wurde der Slogan einfach überklebt.
Empfohlener externer Inhalt
Empfohlener externer Inhalt
Auf ein anderes Plakat wurde rote Farbe gespritzt. Es soll wohl an Blut erinnern.
Empfohlener externer Inhalt
Mit den Zetteln und Postings wollen die Menschen zeigen, wie entsetzlich und beschämend sie die Plakate finden. Sie wollen ihnen einen neuen Sinn verleihen und darauf aufmerksam machen, dass viele Geflüchtete alles riskiert haben, um nach Deutschland zu kommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin