Emmy-Verleihung in Los Angeles: Netflix holt 44 Preise
Der Streamingdienst Netflix bricht bei der Emmy-Verleihung einen fast 40 Jahre alten Rekord. Trotzdem hat das Unternehmen Zukunftssorgen.
Den US-amerikanischen Fernsehpreis „Emmy“ kann man dieses Jahr getrost „Netflix Award“ nennen. Bei der 73. Verleihung der Emmys am Sonntag bekam der Streaming-Anbieter allein 11 Preise für das Windsor-Drama „The Crown“. Olivia Colman als Queen und Josh O’Connor als Prince Charles sind beste weibliche und männliche Schauspieler*innen. Die Netflix-Schachnovelle „Das Damengambit“ gewann ebenfalls 11 Emmys.
Insgesamt holten Netflix-Produktionen bei der Gala 44 Preise, damit holt Netflix einen fast 40 Jahre alten Rekord ein. Denn so viele Preise gewann zuletzt CBS im Jahr 1974. Letztes Jahr war Netflix mit 21 Preisen noch hinter Konkurrent HBO mit 30 Preisen auf Platz zwei gelandet. Keine Freude gab es, trotz vieler Nominierungen, bei Schwarzen Schauspieler*innen und Schauspieler*innen of Color. Weder Billy Porter noch Mj Rodriguez („Pose“) wurden ausgezeichnet, noch der verstorbene Michael K. Williams („Lovecraft Country“) oder Kenan Thompson und Bowen Yang von der Sketchshow „Saturday Night Live“. Die Gewinner*innen in den „Schauspiel“-Kategorien sind allesamt weiß.
Dass Netflix sich zwischen HBO, Disney, Amazon und Apple durchsetzt, ist gewiss eine Genugtuung. Netflix hat im vergangenen Jahrzehnt Streaming als Unterhaltungskanal etabliert und entscheidend zur Erneuerung des Formats „Serie“ beigetragen. Nach wie vor setzt Netflix auf den Wow-Faktor einiger weniger großer Produktionen wie zuletzt „The Crown“ und den Kostümwahnsinn „Bridgerton“.
Immer mehr Druck
Allerdings gerät der Streaming-Pionier wirtschaftlich immer mehr in Bedrängnis. Die Konkurrenz hat längst aufgeholt und bietet eigene Streaming-Plattformen und Produktionen an. Laut Studien mag das Publikum höchstens circa 20 US-Dollar pro Monat für Streaming bezahlen. Wenn man davon ausgeht, dass die meisten mehr als ein Abo gleichzeitig haben, ist für Netflix mit seinen 9 bis 14 Dollar pro Monat kaum noch Raum für Preiserhöhungen. Gleichzeitig sehen viele Analyst*innen das Wachstum der Plattform auf dem US-Markt gestoppt oder sogar rückläufig.
Netflix setzt deshalb längst auf globales Wachstum – bis 2023 will der Konzern etwa eine halbe Milliarde Euro in deutschsprachige Produktionen stecken. Er wird sich aber dennoch entscheiden müssen: dem treuen Kernpublikum mehr monatliche Kosten zumuten und viele verlieren. Oder billig bleiben und wachsen, dafür aber weniger in Content investieren. Mit Letzterem wären nicht mehr so viele Awards zu holen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe