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ElterngeldDie Männer beißen an

Zwar stammt nur jeder zwöfte Antrag für Elterngeld von Männern. Das sind aber schon doppelt so viele wie vor der Gesetzesnovelle der Familienministerin.

Papa, Tochter, Spielplatz - fehlt nur noch Elterngeld zum Glück. Bild: dpa

BERLIN taz Auf den ersten Blick wirkt dies nicht wie eine Erfolgszahl. 8,5 Prozent der bewilligten Anträge auf Elterngeld stammen von Vätern, verkündete am Mittwoch das Statistische Bundesamt. Dass sich jetzt massenweise die Männer um die Babys kümmern möchten, ist nicht zu beobachten. Immerhin aber wollen jetzt doppelt so viele Männer wie vor einem Jahr um der Kinder willen ihre Arbeit zurückstellen.

Seit Januar 2007 gilt das neue Elterngeld. Teil der Reform sind die "Papamonate": Mindestens zwei der 14 Elterngeldmonate müssen vom Vater genommen werden, sonst verfallen sie. Erregt stritten Politiker, ob eine solche Reform überhaupt notwendig ist - und ob sich Eltern mit solchen Anreizen zu einer faireren Rollenteilung ermuntern lassen.

Umso gespannter schauen Politik wie Fachwelt nun auf die Zahlen, die die Statistiker für das erste Halbjahr 2007 ausgewertet haben. Die Daten belegen, dass sich zumindest relativ gesehen einiges gewandelt hat: Im ersten Quartal 2006 etwa hatten lediglich 3,5 Prozent der Väter Erziehungsgeld beantragt und erhalten. Ein Jahr später verlangten das neue Elterngeld immerhin 6,8 Prozent der Väter. Im zweiten Quartal 2007 lag der Anteil bewilligter Anträge bei 9,2 Prozent.

So sparte denn auch Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) nicht mit lobenden Worten: "Das Elterngeld entwickelt sich zu einem richtigen Renner", sagte sie. Vor allem die zunehmende Beteiligung der Väter an einer Babypause sei sehr positiv.

Wie intensiv die neue Option genutzt wird, variiert allerdings erheblich je nach Bundesland. Den größten Väteranteil beim Elterngeld verzeichnet Berlin mit 11 Prozent. Nur knapp darunter liegen Brandenburg und Hamburg - und ausgerechnet Bayern, das gerne als Hochburg tradierter Hausfrauenideale belächelt wird. Im Saarland hingegen planen lediglich 4 Prozent der Väter eine Babyzeit ein. Auch Mecklenburg-Vorpommerns Männer beantragen nur selten Elterngeld.

Wirklich verlässliche Aussagen darüber, wie Paare die Kindererziehung organisieren, erlauben die Daten allerdings nicht. Es ist zu erwarten, dass doch noch der ein oder andere Vater Elternzeit nimmt, der dies bislang nicht beantragt hat. Die Kinder, deren Eltern hier erfasst werden, sind erst wenige Monate alt. Üblich ist, dass nach der Geburt erst einmal die Mutter zu Hause bleibt. Der Vater kann also noch ein paar Monate lang abwägen, ob auch er einen Antrag auf Elternzeit stellen und seine Partnerin ablösen will. Dass dies das gängige Modell ist, lassen auch die aktuellen Zahlen erahnen: Die meisten Väter, die Elterngeld beantragten, verlangten es lediglich für zwei Monate. Das oft diskutierte Ideal, dass Vater und Mutter gleich viel Zeit mit dem Kind verbringen, ist also nach wie vor äußerst selten.

Eine genauere Einschätzung, wie modern Deutschlands Väter tatsächlich sind, wird im nächsten Jahr möglich sein. Dann nämlich können die Statistiker nicht nur erfassen, wer welchen Antrag stellt, sie können auch ermitteln, welche Regelungen die Paare wirklich umgesetzt haben.

Die neueste Auswertung des Statistischen Bundesamtes liefert zumindest schon einen Anhaltspunkt, wer welche Summen erhält. Das Elterngeld beträgt in der Regel 67 Prozent des letzten Nettogehalts. Es wird an Mütter oder Väter ausgezahlt, die wegen eines Babys ihre Arbeit aussetzen oder auf eine Teilzeitstelle reduzieren. Höchstens erhalten sie 1.800 Euro pro Monat, mindestens aber 300 Euro. Dieser Sockelbetrag wird auch an Eltern ausgezahlt, die studieren oder gar nicht berufstätig sind. Nach den neuesten Zahlen muss sich jeder Zweite, der Elterngeld beantragt, mit dieser Mindestsumme begnügen. COSIMA SCHMITT

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2 Kommentare

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  • MS
    miss sarajevo

    nein, es heisst lediglich, dass die betreffenden frauen gar nicht bzw. für wenig geld gearbeitet haben. wer halbtags arbeitet verdient oft nicht mehr als 600 euro monatlich, und bekommt damit dann den niedrigsten satz. und leider ist es ja auch nicht so, dass erst ein vorhandenes kind ein karrierehindernis darstellt. allein die tatsache gebährfähig zu sein, verhindert oft eine ordentliche anstellung. und solange sich eine fähigkeit nicht als statusfördernd sondern -mindernd darstellt, ist der gesamte themenkomplex frauen, kinder, arbeit, gesellschaft nicht zuende abgearbeitet. und das ist noch ein langer weg.

  • M
    Maxo

    Nebenbei erhält man eine interessante Nebeninformation:

     

    Wenn annährend jede zweite Mutter nur die Mindestsumme erhält, dann heißt das einfach, dass sie vor der Geburt des Kindes nicht gearbeitet hat.

     

    Damit kann das alte Gerücht, Kinder seien ein Karrierehemmnis für Frauen ins Reich der Fabeln geschickt werden. Wer nicht arbeitet, unterbricht auch keine Karriere.