Elitetreffen der Bahnradsportler: Der kleine Höhepunkt
Die Bahnrad-WM ist die letzte Möglichkeit, sich für Olympia zu qualifizieren. Franziska Brauße möchte sie nutzen. Nur mitbekommen werden das wenige.
![drei Bahnradrennfahrerinnen drei Bahnradrennfahrerinnen](https://taz.de/picture/3994194/14/bahnrad_wm_franziska_brausse_madison_lisa_kuellner_fahrrad-1.jpeg)
Die neuen Räder sind verteilt. Franziska Brauße hat schon ein paar Runden gedreht auf der neuen Maschine, die das Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) gebaut hat. Seit Anfang der 80er Jahre stattet die Einrichtung deutsche Radsportler mit Hightech-Maschinen aus. Die neuestes Charge ist gerade geliefert worden. Am Samstag erst wurden die Räder auf die Sportlerinnen abgestimmt. Am Mittwoch werden sie im Rennen zum Einsatz kommen. Da beginnen im Berliner Velodrom die Weltmeisterschaften im Bahnradsport. Franziska Brauße muss dann gleich die Qualifikation in der Mannschaftsverfolgung auf dem 250-Meter-Oval bestreiten.
Es scheint alles ein bisschen auf Kante genäht im deutschen Team vor diesem wichtigen Event. Saisonhöhepunkt für die Bahnradsportler ist – klar – erst Ende Juli, wenn es in Tokio um olympische Medaillen geht. Die WM ist die letzte Möglichkeit, sich für die Spiele zu qualifizieren. Die Regenbogentrikots, die man in Berlin gewinnen kann, werden da beinahe schon zur Nebensache.
Franziska Brauße jedenfalls will unbedingt nach Tokio. Die 21-Jährige war noch nicht bei Olympia. Sie habe demnach auch noch keine Erfahrung damit, wie es ist, sich in einem Jahr auf zwei Höhepunkte vorzubereiten. Die Vorbereitung auf die Titelkämpfe von Berlin sei jedenfalls planmäßig verlaufen. Zwei Trainingslager auf Mallorca gab es und einen Lehrgang in Frankfurt an der Oder. Das Übliche. An der Olympiaqualifikation in der Mannschaftsverfolgung gibt es eh keine Zweifel. Neben Brauße, die Europameisterin in der Einerverfolgung ist, fahren mit Lisa Brennauer und Lisa Klein die Zweite und die Dritte der WM 2019.
Eine Medaille wäre ganz schön, meint Brauße und sagt, dass sie und ihre Kolleginnen dafür schon an die Zeit des deutschen Rekords über die 4.000 Meter heranfahren müssten. Den haben die drei zusammen mit Gudrun Stock im November in Glasgow auf 4:14,522 Min. geschraubt. Im Schnitt ist so ein Vierer mit über 56 km/h auf der Bahn unterwegs. Die Kette an den neuen Rädern läuft dabei an der Kurbel über 60 Zähne, am Ritzel hinten über 15. Wer wissen möchte, was das bedeutet, kann sich ja mal die Übersetzung ansehen, mit dem ein sportlicher Fahrer in der Stadt unterwegs ist. Ein großes Kettenblatt mit mehr als 48 Zähnen wird da wohl nicht verbaut sein.
Kein gutes Geschäft
Das alltägliche Radfahren entfernt sich mit jeder Leistungssteigerung der Athleten, mit jeder technischen Neuerung an den Rennmaschinen der Sportlerinnen vom Wettkampfsport auf der Bahn. Brauße, die als Sportsoldatin dem Leistungssport voll und ganz dient, kann sich dennoch vorstellen, dass der Wettkampfsport vom politisch gewollten Fahrradboom profitieren kann. Auch ihr sportlicher Ehrgeiz ist als Alltagsradlerin geweckt worden, als sie als Schülerin in Reutlingen den Mitschülern auf der Straße davonradeln wollte.
Sie wird dennoch wissen, dass die Berliner Alltagsradler die WM in den kommenden Tagen nicht unbedingt stürmen werden. Mit 4.000 Zuschauern rechnet Burckhard Bremer, der Chef des Organisationskomitees, an den Hauptwettkampftagen am Wochenende. Viel mehr Plätze gibt es gar nicht. Über eine Kurve wurde eine Großleinwand gespannt. Ein gutes Geschäft ist eine solche WM nicht. Der Berliner Senat fördert das Event mit zwei Millionen Euro.
Ob das im Sinne des Stadtmarketings ein gutes Geschäft ist, wird bezweifeln, wer sich die TV-Präsenz der WM in Deutschland vergegenwärtigt. Eurosport2 überträgt ab Mittwoch, am Wochenende gibt es eine Zusammenfassung auf Eurosport1, am Sonntagnachmittag gibt es auf zdf.de einen Livestream. Ein paar aufgezeichnete Bewegtbilder werden im Zweiten noch gezeigt und vielleicht der ein oder andere Bericht in einem dritten Programm. „Etwas bedauerlich“ findet das Bremer, weil man ihm nach den deutschen Meisterschaften im vergangenen Jahr etwas anderes versprochen habe. Die hatten als Teil der „Finals – Berlin 2019“ eine bessere TV-Präsenz als nun die Weltmeisterschaften.
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