Elite-Uni-Satire „The Riot Club“: Posen höheren Schnöseltums
Wer schafft es in den elitären „Riot Club“ der Uni Oxford? Lone Scherfigs neuer Film ist ein von sich selbst faszinierter Die-da-oben-Porno.
Lone Scherfigs Film „The Riot Club“ nimmt einen langen Anlauf für seine Geschichte. Zu Beginn kommt einem das College-Movie als heiterer Kostümfilm aus dem 18. Jahrhundert entgegen, der mit dem Tod eines Hedonisten endet: Lord Riot, der als der Swinegel zur sogenannten Legende an der Universität von Oxford werden soll, stirbt aus der Hand eines gehörnten Ehemanns im Augenblick der Affäre.
Danach schaltet der Film ins Heute, wo er in den Studienauftakt an der traditionsreichen Hochschule durch die Neuankömmlinge Alistair (Sam Claflin) und Miles (Max Irons) einführt. Leicht zu differenzieren ist das Personal nicht immer, denn die den Film tragende Schicht ist sehr homogen: Jungs aus reichem Hause, die sich an der elitären Universität in einem elitären Zirkel zusammenschließen, um sich ihre Macht in vandalistischen Ritualen zu beweisen. Man erkennt sich an den richtigen Internatskarrieren und einem spezifischen Sprachgebrauch.
Scherfigs Film basiert auf dem Theaterstück „Posh“ von Laura Wade, die auch das Drehbuch zum Film geschrieben hat. Als Vorbild für den Zirkel soll der Bullingdon Club dienen, als dessen Mitglieder Namen wie Boris Johnson und David Cameron geführt wurden und dessen Reputation sich zynischen Exzessen verdankt. Solch eine Feier von Macht und Amoral wird in „The Riot Club“ schließlich als dramatischer Höhepunkt in einem Landgasthof veranstaltet.
Der Weg dorthin dauert allerdings. „The Riot Club“ rumpelt eine ganze Weile vor sich hin, wenn der Film verschiedene Posen höheren Schnöseltums ausprobiert. Alistair wird am Geldautomaten überfallen, was ihn nicht vom Verbessern des unpräzisen Ausdrucks der durchaus gewalttätigen Räuber abhält. Aufgelesen wird er von Mitgliedern des Riot Club, die im Sportwagen des Reeder-Sohns Dimitri (Ben Schnetzer) durch die Stadt jagen, bis sich einer der Mitfahrer übergibt und der Schlüssel des Wagens durch den Briefkastenschlitz eines Obdachlosenvereins geworfen wird: „Der Aschenbecher war sowieso voll.“
Auf den Vulgärsnobismus seiner Protagonisten schaut der Film durch den Gegensatz der beiden Kandidaten für eine Aufnahme in den Club. Alistair erscheint als ungeliebtes rich kid, das aus Minderwertigkeitskomplexen gegenüber dem bei den Club-Freunden hoch angesehenen älteren Bruder gelangweilt in teuflische Boshaftigkeit abdriftet.
Miles wird dagegen als argloser Agent des Zuschauers zum Mitmachendürfen verführt – er hat weder die richtigen Schulen besucht noch den adäquaten Hintergrund und unterhält außerdem ein moralisch sauberes Techtelmechtel mit der Kommilitonin Lauren (Holliday Grainger). Während die weiblichen Figuren zumeist mit ihrer Reinheit beschäftigt sind, träumt der Film in Miles den Traum des sogenannten kleinen Mannes: zur Schicht derer zu gehören, die man für das Bewundertwerden ihrer Macht bewundert.
Den Rest vom Klassenbewusstsein gibt Scherfigs Film als sauertöpfischer Platzanweiser dann wieder besserwissend an das Publikum aus: „Schuster, bleib bei deinem Leisten.“ Miles steht am Ende vor den Scherben seiner Hybris, die ihm kein Elternhaus wieder zusammenklebt, während man das pure Böse seiner scheinbaren Freunde in der ruchlosen Finanzdienstleisterindustrie von London City wiederfindet.
„The Riot Club“. Regie: Lone Scherfig. Mit Sam Claflin, Max Irons, Douglas Boothal. Großbritannien 2014, 107 Minuten
„The Riot Club“ scheint ein mehr faszinierter denn reflektierter Die-da-oben-Porno zu sein. Für einen Befund, der sich politisch nennen ließe, müsste der spätpubertäre Schwachsinn der sogenannten Eliten allerdings konsequenter mit sich selbst kurzgeschlossen werden. Interessant dafür wäre der Swinegel vom Beginn: Lord Riot müsste seine Fettlebe gegen die herrschende Moral entwerfen, nicht im Einklang mit ihr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich