Elektronische Schulbücher: Digitaler Druck auf die Konkurrenz
Der Verband der Schulbuchverlage stellt seine Plattform für E-Books auf der Bildungsmesse Didacta vor. Die Verlage wollen ihr Monopol behalten.
HANNOVER taz | Wenn der Nachrichtendienst Twitter eine News-Börse darstellt, dann ist der Start des neuen Onlineshops für Schulbücher gründlich misslungen. Dort nämlich wurde das sehnlich erwartete digitale Schulbuch mit großer Enttäuschung aufgenommen.
Als der Verband der Schulbuchverlage auf der Bildungsmesse Didacta seine Buchplattform vorstellte, lautete die erste Reaktion der Lehrer-Blogger: "Man hat den Eindruck, dass es sich schlicht um die digitalen Varianten ihrer gedruckten Bücher handelt", kommentierte ein Lehrerfortbildner. Das sogenannte digitale Schulbuch, das man ab Herbst auf der Seite www.digitale-schulbuecher.de erwerben kann, ist in Wahrheit ein ins Netz kopierter Abklatsch gedruckter Lehrwerke: eBook 1.0 sozusagen.
Alle weitergehenden Funktionen, welche die Vorteile digitalen (Zusammen-)Arbeitens ausmachen, gibt es bei den 27 Schulbuchverlagen nicht: "Bücher", in denen Filme und Töne abgespielt werden. Oder Online-Erweiterungen, die Schülern individuelles und kollaboratives Arbeiten ermöglichen.
"Wir wollen mit der Plattform zeigen, dass wir keine Drucker, sondern Lösungsanbieter sind", sagte der Frontmann digitalen Lernens, Martin Hüppe. Dabei weiß niemand besser als er, dass es mit den Lösungen auf der Seite digitale-schulbuecher.de nicht weit her ist.
Angriff auf den digitalen Bildungsmarkt
Manche sahen in der Plattform die ultimative Konkurrenz zu Apples Angriff auf dem digitalen Bildungsmarkt. Der Karlsruher Multimedia-Professor Peter Henning sagte kürzlich, "die Schulbuchverlage wollen in einer Initiative mit dem Land Baden-Württemberg die Führung übernehmen". Aber selbst in Verlegerkreisen winkt man da ab.
Denn die eBook-Plattform hinkt den Möglichkeiten hinterher, die große Verlage wie Cornelsen, Klett oder Westermann anbieten können: Dort gibt es marktreife und fortgeschrittene Schulbücher, die längst keine Lehrwerke im herkömmlichen Sinne mehr sind - mit Filmen, Tönen und kollaborativen Modulen.
Doch auf der Plattform des Schulbuchverbandes kann man diese echten Schulbücher 2.0 nicht vertreiben - das gibt die Plattform technisch nicht her. "Es wird sicher Verlage geben, die ihre Printprodukte so ins Netz stellen werden, wie sie jetzt sind", sagte Martin Hüppe - und ersparte sich einen weiteren Kommentar auf die Bremser in seinen eigenen Reihen.
Aler Modus der Lehrplanschule
Der Vorteil der neuen Plattform ist, dass sie über alle Endgeräte und Betriebssysteme (außer Linux) bedien- und abrufbar ist. Das Nachteil ist, dass die ins Netz kopierten Bücher alten Typs das Monopol des Büchermachens bei Verlagen und Lehrern belassen.
Es gilt weiter der alte Modus der Lehrplanschule: Einer an alle. Das ist bei dem Konkurrenten aus Kalifornien anders: Dort wird das Buchmachermonopol der Lehrer und Verlage gebrochen - und weitergereicht an die Schüler, die über bestimmte Werkzeuge eigene "Schulbücher" herstellen können. Der Haken an der Sache - es gibt einen zweiten Player, der immer mit verdient: Apple.
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