Elektronische Gesundheitskarte: Irgendwann soll sie alles können
Anfang Oktober wird die elektronische Gesundheitskarte eingeführt. Noch kann sie nicht viel - dabei soll es aber nicht bleiben. Bald soll sie alle wichtigen Daten enthalten.
BERLIN taz | Nach jahrelangem Hickhack wollen die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) Anfang Oktober damit beginnen, die neuen elektronischen Gesundheitskarten (eGK) zu verschicken. Bis Jahresende müssen laut gesetzlicher Vorgabe 10 Prozent der knapp 70 Millionen gesetzlich Versicherten die Karte bekommen haben.
Zunächst ändert sich nicht viel. Die eGK ersetzt die bisherige Versichertenkarte und enthält wie diese die Verwaltungsdaten, also Name, Geburtsdatum, Anschrift, Versichertennummer und Versichertenstatus. Neu ist, dass ein Foto auf die Karte gedruckt wird. Damit soll Missbrauch vorgebeugt werden.
Die neue Karte enthält aber auch einen Mikroprozessor und kann so potenziell viel mehr. Ziel ist es, dass irgendwann Ärzte und Kliniken mit Hilfe der eGK schnell und unkompliziert Informationen austauschen können: Der behandelnde Arzt kommt schneller an wichtige Unterlagen, etwa einen Laborbericht. Ein Notarzt kann nachschauen, ob der Patient Allergien hat. Zieht der Versicherte um, soll die Adresse online aktualisiert werden können. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) peilt als frühestmögliche Einführung solcher Funktionen das Jahr 2015 an. KBV-Vorstand Carl-Heinz Müller mahnt, dass die Kassen nicht einzelne Funktionen schneller vorantreiben dürften.
Nicht gegen den Willen der Patienten
Irgendwann soll auch eine elektronische Patientenakte per eKG verfügbar sein. Ein "elektronisches Rezept", das ursprünglich geplant war, steht noch nicht auf der Liste. Es seien aber viele Anwendungen denkbar, "die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können", sagte Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes.
Grundsätzlich gilt: Gegen den Willen der Patienten sollen keine medizinischen Daten auf der Karte gespeichert werden oder abrufbar sein. Die Anschaffung der Karten und Lesegeräte kostet 306 Millionen Euro, bezahlen müssen die Kassen, also indirekt die Versicherten. Die Betreibergesellschaft Gematik, getragen von Ärzten, Kassen und Kliniken, kostete bislang 300 Millionen Euro.
Laut Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, das die Prüfvorschriften erstellt, besteht bei den Verfahren ein "hohes Datenschutz- und Sicherheitsniveau". Aber bei den Ärzten kommen die Neuerungen nicht unbedingt gut an. Manche scheuen den Aufwand für etwas, das die Patienten am Ende vielleicht gar nicht nutzen wollen. Datenschützer beschäftigt vor allem die Frage, wie dann Daten übertragen und auf welchen Servern elektronische Patientenakten gespeichert werden.
Erst mal jedoch stehen banalere Probleme an. Denn noch können gar nicht alle Ärzte etwas mit der neuen Karte anfangen: Einige Hersteller der Kartenlesegeräte haben nämlich Lieferschwierigkeiten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen