■ Standbild: Eisiges Schweigen
„Nachtschwester Kroymann“, Freitag, 15.10., 23.25 Uhr, ARD
Wer nie glauben mochte, die Unterhaltungsprogramme der privaten wie der öffentlich-rechtlichen Sender seien deshalb so schlecht, weil das Publikum eben einen schlechten Geschmack habe, der fand sich am Freitag abend bestätigt. Das Saalpublikum, an sich immer besonders guten Willens, ließ sich bei dieser sogenannten Comedy-Show kaum einmal zu einem kleinen Auflachen hinreißen, geschweige denn zu einem anderen als dem unvermeidbaren Applaus zum Szenenende.
Was Nachtschwester Kroymann auch an eitlen Ich-habe-den- Durchblick-Pointen vorbrachte, es herrschte eisiges Schweigen im Studio. So auch gleich beim ersten Scherz zum HIV-Blutskandal: „Unsere Konserven sind selbstgezapft.“ Aber auch Mediensatire ist leider ihr Fach, hier vorgebracht von zwei Klatschtanten (Lieblingsangriffsziel aller Schülertheater), die sich über die „tolle“ Frau Schreinemakers und die Bild-Zeitung ausließen, die ja „immer so fair“ die Privatsphäre respektiere. Ironie ja, aber Witz?
Doch dann geschah, aus Versehen, etwas Ungeheuerliches, ein in der Geschichte des Fernsehens einzigartiger Fall von Selbsteinschätzung bei TV-Machern noch während der eigenen Sendung. Nach einem wiederum erfolglosen Wahrsager- Sketch schreit Assistentin Rita auf (berlinernd, als sei das schon komisch): „Nee, wat ick jelacht hab.“ Und feuert das Publikum an: „Na los, det is ne Comedy-Sendung.“ Als auch das nichts half, folgte ein beklemmend wahrer Satz: „Sie glauben nicht, was Humor für Mühe macht, wieviel Geld und Gehirnschmalz da drinsteckt.“ Aber ja, glauben wir.
Nicht genug damit – der anschließende Blick in ein Humorproduktionsbüro erklärte alles: dröge Bürokräfte an PCs – so muß diese Sendung entstanden sein. Aber halt: Die Texte stammen sämtlich von Simone Borowiak, glänzende Satirikerin und Titanic-Autorin, die hier, wie schon einige ihrer KollegInnen, audiovisuell scheitert. Noch eine Sendung in diesem und drei im kommenden Jahr sind angedroht. Simone, bleib bei Deinen Lesetexten, und Maren Kroymann – auf der Kleinkunstbühne!Oliver Rahayel
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