Eishockey-WM: "Meine Jungs sind Krieger"
Bei der WM gelingt den deutschen Kufensportlern wieder ein Coup. Die starke Mannschaft schlägt die Slowakei. Der Bundestrainer möchte nun alles gewinnen.
BRATISLAVA taz | Als das Wort "Wunder" fiel, wurde Uwe Krupp grantig. "Das sind deine Worte", rief der Eishockey-Bundestrainer einem Journalisten zu. "Ich spreche nicht davon." Nein, mit einem Eishockey-Wunder habe das, was sein Team in Bratislava geschafft habe, nichts zu tun. "Es basiert auf unseren deutschen Tugenden Arbeit, Fleiß und Ehrgeiz", verkündete der 45-Jährige feierlich. "Meine Jungs sind Krieger."
Wenn auch per Trainerdekret nichts Wundersames im Spiel sein darf, so haben die WM-Auftritte der deutschen Mannschaft aber zumindest märchenhafte Züge. Hätte jemand vor dem Turnierstart prognostiziert, dass die DEB-Profis in Bratislava erst den 25-maligen Weltmeister Russland besiegen, dann Gastgeber Slowakei schlagen und als Gruppensieger in die WM-Zwischenrunde einziehen, so wäre er für verrückt erklärt worden.
Genau dies ist nun aber geschehen: Auf das 2:0 gegen die Sbornaja folgte am Sonntagabend ein dramatischer 4:3-Sieg gegen die slowakische Auswahl. Das deutsche Team steht damit bereits als Gruppensieger fest. In der neueren Eishockey-Geschichte ist das keiner deutschen Mannschaft gelungen.
Da Krupps Profis die sechs Punkte der beiden Siege mit in die Zwischenrunde nehmen, haben sie gute Chancen, das Viertelfinale zu erreichen. Krupp will sich derartigen Träumereien aber nicht hingeben.
"Wir denken nur bis zum nächsten Bully, das hat sich als sinnvoll erwiesen", sagt er. Die Partie gegen die Slowenen, die in die Abstiegsrunde müssen, nimmt der 45-Jährige deshalb ernst. Auf keinen Fall soll seine Mannschaft die Spannung abbauen.
Altersschnitt bei 26 Jahren
Seit sechs Jahren ist Krupp im nationalen Amt, nach der WM verlässt er den Verband und wird Teammanager der Kölner Haie. Kurz vor dem Abschied kann er die Früchte seiner Arbeit ernten. Die Erfolge seines jungen Teams, dessen Altersschnitt bei 26 Jahren liegt, sind tatsächlich kein Zufallsprodukt.
Zu Recht ist Krupp stolz auf seinen Einsatz für den Nachwuchs, in den vergangenen Jahren war der ehemalige NHL-Profi immer wieder als Assistenz-Coach bei Juniorenturnieren im Einsatz. Er kennt seine Profis seit Jahren. Die meisten Spieler, die in Bratislava im Einsatz sind, haben schon früher zusammen gespielt.
Während die deutschen Kufencracks einst nur im defensiven Bereich stark waren, so wurden sie unter Krupps Regie ermutigt, sich auch offensiv etwas zuzutrauen. "Ein reines Defensivsystem in jungen Jahren ist nicht gut für die Ausbildung unserer Nachwuchsspieler", sagt Krupp. "Mit der Nationalmannschaft wollen wir schnelles, körperbetontes, offensives Eishockey spielen, und dafür brauchst du Laufbereitschaft, spielerisches Talent und Selbstbewusstsein."
Krupps Profis sind durch die Bank schnell, fit und robust. Sie haben keine Probleme, das hohe internationale Tempo mitzugehen. Es macht Spaß, ihnen zuzusehen. Anders als in der Ära Hans Zach (1998 bis 2004) zerstören die DEB-Profis nicht das Spiel, sie gestalten es mit.
Der sensationelle vierte Platz, den die deutsche Auswahl 2010 bei ihrer Heim-WM belegt hatte, wirkt nach: Selbstbewusst wie selten zuvor stellen sich die deutschen Spieler der internationalen Konkurrenz.
Denn sie haben gelernt, dass sie als kämpferischer Underdog auch gegen Weltstars wie die Slowaken Marian Hossa und Pavol Demitra bestehen können. "Wir müssen immer am Limit spielen, immer mit vollem Einsatz", sagt der Bundestrainer.
Ein weiterer Grund für den Erfolg ist die Geschlossenheit des Teams. "Wir sind 25 Freunde", sagt etwa Torhüter Dennis Endras. Und meint das ernst. In ihrem Auftreten erinnern die DEB-Spieler an die jungen Wilden des deutschen Fußballmeisters Borussia Dortmund. Sie haben Spaß miteinander, sie kämpfen füreinander - und glauben an sich.
Einziger Unterschied: Krupp neigt nicht dazu, seine Spieler in Klopp-Manier abzuknutschen - zumindest nicht öffentlich. Er ist kein überschwänglicher Typ. Auf die Frage, wie weit es seine Mannschaft in Bratislava noch bringen könne, antwortete er mit Pokerface: "Wir wollen jedes Spiel gewinnen."
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