Eishockey Play-offs in Deutschland: Erfolg gegen die stärkste Offensive
Der ERC Ingolstadt macht die Finalserie wieder spannend. Bei der Partie gegen den EHC München konnte sich ein Spieler besonders beweisen.
In der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) lieben sie ihre Play-offs um die deutsche Meisterschaft heiß und innig, sie gelten als die beste, da aufregendste Zeit des Jahres. Es geht um alles oder nichts, die Spiele werden härter, man kann bisweilen tränenreiche Dramen auf dem Eis bewundern. Und manchmal werden auch Geschichten geschrieben, die fast zu kitschig sind, um wahr zu sein.
Wie am Dienstagabend in der Münchner Olympia-Eishalle, in der in Spiel drei des oberbayerischen Play-off-Finals der EHC Powerbrause München dem ERC Ingolstadt mit 3:4 unterlag. Und ein junger Torwart, der 21-jährige Jonas Stettmer, den vorher nur Eishockey-Insider kannten, zum Helden des Abends aufstieg.
Die favorisierten Münchner, Spitzenreiter nach der DEL-Hauptrunde, führten in der Serie „Best of Seven“ mit 2:0 und wollten sich ihren ersten Matchpuck sichern. Dem stand die kluge Spieltaktik des ausgezeichneten Ingolstädter Trainers Mark French, Coach des Jahres der DEL, entgegen. Und der stattliche ERC-Goalie, 1,94 Meter groß und 96 Kilogramm schwer, der es in der ersten DEL-Begegnung seiner Karriere in einer Startformation schaffte, die Nerven zu bewahren – im Duell mit der besten Offensive der Liga.
Unter anderem parierte der gebürtige Straubinger in der 23. Minute einen Angriff von Münchens Kapitän Patrick Hager, es war ein Schlüsselmoment, der ihm Sicherheit gab, sodass das Wichtigste gelang: In der Endabrechnung kassierte Stettmer ein Tor weniger als sein Gegenüber, Münchens illustrer Nationaltorhüter Mathias Niederberger. Womit Ingolstadt, Tabellen-Zweiter der DEL-Saison, in der Serie auf 1:2 verkürzte und am Freitag (19.30 Uhr) in Spiel vier in heimischer Halle die Chance hat, auszugleichen.
Die dritte Wahl ganz groß
Das erste Drittel sei nicht optimal für ihn gelaufen, berichtete Stettmer, er sei sogar „sauer“ über sich selbst gewesen – und: „Da war die Nervosität noch etwas da. Das zweite Drittel lief dann viel besser. Das dritte Drittel war auch gut. Die Brust wurde immer breiter. Dann klappt alles. Ich bin einfach nur glücklich, dass wir den ersten Sieg in der Serie geholt haben.“
Zwar besagen die ungeschriebenen Play-off-Gesetze, dass lediglich Siege von Serien, nicht aber von einzelnen Spielen ausgiebig zelebriert werden dürfen. Denn es könnte Unglück bringen, sich vorzeitig zu viel zu freuen.
Stettmer lebte seine Freude trotzdem aus und ließ sich nach Ende der Partie auf dem Eis von den Hunderten aus dem 80 Kilometer entfernten Ingolstadt angereisten Fans feiern. „Ich bin erst mal so alle. Ich brauche ein, zwei Tage, damit ich das realisieren kann“, sagte er, und man sah an seinem staunend-glücklichen Blick, dass ihm die Geschichte ein wenig unheimlich war. Verständlicherweise.
Stettmer spielt normalerweise vor allem beim Ingolstädter Kooperationsteam Ravensburg in der zweiten Liga. In der Torwarthierarchie der DEL-Mannschaft steht er nur an dritter Stelle. Doch da die Nummer eins des ERC, Michael Garteig, verletzt und die Nummer zwei, Kevin Reich, krank ist, musste Stettmer einspringen.
Am Sonntag war er bereits in Partie drei der Serie in der 14. Minute beim Rückstand von 1:4 gegen München eingewechselt worden, da Reich kränkelte. Stettmer hatte zwar noch dreimal hinter sich greifen müssen, sich aber insgesamt wacker gehalten. Es sei ein Highlight für ihn gewesen, wenn auch ein trauriges, berichtete er nach dem 1:7. „Die Minuten, die er am Sonntag hatte, haben Jonas definitiv geholfen“, meinte Coach French.
Die Münchner waren ihrerseits nach dem 3:4 bedient, denn sie hatten im Schlussdrittel mit 3:2 geführt, bevor der ERC in einer Schlussoffensive einen Doppelschlag innerhalb von 43 Sekunden landete. Im Grunde hätten sie sich für Ingolstadts Torwart überhaupt nicht interessiert, sagte Stürmer Maxi Kastner: „Wir haben es ihm zu leicht gemacht und waren unkonzentriert.“
Ob sich der junge Held des ERC im Finale weiter wird bewähren müssen, ist bislang noch offen. Reich soll sich, wie zu hören ist, auf dem Weg der Besserung befinden. Wie auch immer es weiter geht, Stettmer scheint zu allem bereit, denn er verkündete: „Wir wollen weitere Siege und die Meisterschaft holen. Danach können wir tagelang feiern.“ Die Ingolstädter warten seit 2014 auf einen Titelgewinn, München seit 2018.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!