Eishockey-Coach Zach will siegen: Alpenvulkan köchelt im Flachland
17 Jahre nach seinem letzten Triumph in der Liga will der bayerische Trainer Hans Zach die Hannoveraner Eishockeymannschaft Scorpions zum Titel führen
Hans Zach ist zwar der Prototyp des harten Hundes, dennoch wird sich der kantige Bayer in diesen Tagen manchmal fragen, ob er wohl träume. 61 Jahre ist Deutschlands bekanntester Eishockey-Coach alt, seine Karriere will er nach dem Ende dieser DEL-Saison auf jeden Fall beenden und sich ins kontemplative Leben in seiner Bad Tölzer Heimat zurückziehen. Und nun beschert ihm seine Hannoveraner Mannschaft einen filmreifen, wunderschönen Abschied. Die Scorpions, ein Team, das über wenige Hochbegabte, dafür aber umso mehr Kampfgeist und Energie verfügt, hat das Finale um die deutsche Eishockey-Meisterschaft erreicht. Und zwar mit einem so genannten Sweep: Mit 3:0 fertigten die Scorpions den ERC Ingolstadt ab. Im dritten Spiel am Dienstagabend holten sie einen 1:4-Rückstand auf und siegten schließlich durch einen Treffer in der Nachspielzeit von Verteidiger Sascha Goc. Am Mittwochabend hatten die Augsburger Panther in Wolfsburg die Chance, ebenfalls das Finale zu erreichen; das Spiel war bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht beendet.
In Hannover, wo Zach seit 2006 tätig ist, hat sich der Coach eine Mannschaft ganz nach seinem Gusto herangezogen. Vier ausgeglichene Reihen kann Zach aufbieten, bestehend aus deutschen Recken wie Sascha Goc, Tino Boos, Klaus Kathan und Niki Mondt und allürefreien ausländischen Teamplayern wie Chris Herperger oder Tore Vikingstad. Vor der Saison verzichteten Zachs Profis sogar freiwillig jeweils auf 15 Prozent Gehalt, um dem Klub, der sich in Finanzschwierigkeiten befand, entgegenzukommen. Die einzige Starverpflichtung, die sich der Trainer gönnen durfte, war die des kanadischen Torhüters Travis Scott, der im Januar aus Österreich kam. "Meine Mannschaft arbeitet hart und konzentriert", sagt Zach - und fügt hinzu: "Und natürlich ist sie defensivstark." Das nämlich war in all den 25 Jahren, die der Bayer nun schon als Trainer aktiv ist, immer Markenzeichen seiner Teams. Nie konnte Zach Spieler ertragen, die sich divenhaft in der Offensive ausleben und zu fein für anstrengende Abwehrarbeit sind. Er braucht Kämpfer, die bis zum Umfallen rackern. Zachs Erfolgskonzept ist somit weder glamourös noch schillernd, sondern eher altmodisch. Und er verwendet - im Gegensatz etwa zum aktuellen Bundestrainer Uwe Krupp - keine englischen Fachtermini, um seine Taktik zu erläutern. Deshalb wurde er in den vergangenen Jahren immer wieder als Auslaufmodell gehandelt.
Doch das ist er nicht, im Gegenteil: Hans Zach, der ehemalige Alpenvulkan und Trainer mit dem kantigen Charakter, ist und bleibt die einzige Person im darbenden deutschen Eishockey, die sich landesweiter Bekanntheit erfreut. Zwar liegen seine großen Erfolge als Vereinscoach lange zurück: Die letzte seiner drei Meisterschaften mit der Düsseldorfer EG feierte er 1993. Doch gerade seine Jahre als Bundestrainer (1998 bis 2004) erscheinen im Rückblick als goldene Zeit. Erst führte er das Nationalteam aus der B-Gruppe zurück in die Erstklassigkeit und erreichte in den folgenden Jahren dreimal das WM-Viertelfinale. Auch bei den Olympischen Spielen 2002 in Salt Lake City kam die Nationalmannschaft bis in die Runde der letzten acht. Von derartigen Erfolgen kann Uwe Krupp, der ehemalige NHL-Spieler, nur träumen. Bei den jüngsten Spielen in Vancouver war seine deutsche Mannschaft nur ein trauriger Prügelknabe, der sich ohne einen Punkt aus dem Turnier verabschiedete. Und das, obwohl Krupp einen ganzen Block NHL-Profis aufbieten konnte. So viele gute Spieler standen Zach nie zur Verfügung, dennoch machten seine Mannschaften international immer eine gute Figur.
Im Mai beginnt die Heim-WM in Deutschland, bei der die deutsche Mannschaft wahrscheinlich ebenfalls nicht viel wird ausrichten können. Da zudem Krupps Vertrag nach der WM endet, steht die Frage im Raum, ob Zach, der ja bald kein Klubtrainer mehr ist, das nationale Amt nicht noch einmal übernehmen könnte. Zach lehnt dies nicht kategorisch ab: "Wenn der DEB Interesse hat, dann kann er mich ja fragen", sagt er. Zunächst aber will er Meister werden mit den Scorpions. Und den Traum vollenden.
GREG THOMSON, COACH DER INGOLSTÄDTER, BEWUNDERT HANS ZACH
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