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Einst Renommierobjekt, jetzt Schandfleck

■ Kündigung für das selbstverwaltete Kultur– und Jugendzentrum Eschhaus in Duisburg zum 31.3.87 / Nachbarn klagen über Lärmbelästigung und Punks / Mitarbeiter sehen eher Sanierungskonzept zugunsten der Kultur–Schickeria / Soll das unliebsame Kultur– und Jugendzentrum nun etwa an den Stadtrand ausgelagert werden ?

Aus Duisburg Corinna Kawaters

Das Eschhaus, neben dem KOMM in Nürnberg, das älteste selbstverwaltete Kultur– und Jugendzentrum Deutschlands, soll geschlossen werden. Anfang September kündigte das Jugendamt der Stadt Duisburg den seit elf Jahren bestehenden Vertrag für die stadteigenen Räume in der Niederstraße. Damit hat der seit Bestehen des Zentrums schwelende Konflikt mit der Stadt und einigen Nachbarn in der Niederstraße seinen vorläufigen Höhepunkt gefunden. Punks als Kündigungsgrund Links neben dem Eschhaus, Wand an Wand zum Veranstaltungsraum, wohnt beispielsweise Herr Schürmann, der sich über die Punks ärgert, den Lärm aber immerhin seit zehn Jahren kennt und rechts neben dem Eschhaus steht das Dreigiebelhaus. Es ist das älteste Haus Duisburgs und ein mit städtischem Geld aufgemotztes Schmuckstück - Kunsthaus und Nobel–Restaurant. In der Mitte das Eschhaus, seit elf Jahren Treffpunkt der Szene. Widerstand gegen Fahrpreiserhöhungen, Knastarbeit, Anti– AKW–Treffen, finden im Eschhaus genauso statt wie ein ausgefeiltes Kursprogramm von Gitarre bis Tai–Chi. Im Eschhaus treten die Tornados auf, experimentelle Musikabende, Filme und Politikreihen werden geboten. Es gibt einen traditionellen samstägigen Discoabend und seit neuestem einmal pro Woche einen Punkabend. „Wohin mit den garstigen Zöglingen?“ Die Punks sind heute das, was früher eben die Hippies waren - der Kündigungsgrund“, ärgert sich einer der Mitarbeiter, „wir sehen im Punk eine Jugendkultur, die Ausdruck der Duisburger Realität ist und lassen unsere ganze Kulturarbeit doch nicht auf diesen einen Abend reduzieren!“ Adrett und bequem war das Eschhaus nie, aber für die Duisburger SPD in Wahlkampfzeiten und nach außen hin ein oft zitiertes Renommierobjekt. So versichert Sozialdezernent Otto Fichtner gegenüber der taz: „Eine Stadt wie Duisburg braucht ein unabhängiges Jugendzentrum“, doch zeigte sich die Verwaltung ihrem, wie es in der Lokalpresse heißt, „garstigen Zögling“ gegenüber stets recht kleinlich und geizig. Ein Katalog von Auflagen beschneidet seit zwei Jahren die Dauer von Musikveranstaltungen und führte immer wieder zu Polizeieinsätzen. Und außer der mietfreien Überlassung des Hauses, der Übernahme der Energiekosten und notwendigster Instandsetzungsarbeiten, investierte die Stadt keine müde Mark. So mußten im vergangenen Winter die Mitarbeiter mit Mänteln und Handschuhen ihrer Büroarbeit nachgehen, weil sich die Stadt weigerte, die altersschwache Heizungsanlage erneuern zu lassen, mit der Begründung: „Eine langfristige Planung“ zur Lösung dieses Problems sei in Arbeit. Wie die Problemlösung für die Stadt aussieht, wird jetzt offenbar: Das Eschhaus soll weg. Schon seit Jahren, findet Herr Schürmann von nebenan, sei diese Nachbarschaft „keine gute Visitenkarte für das Dreigiebelhaus“. Trotzdem macht er sich erst jetzt mit Beschwerden an die Stadt und Leserbriefen an die Lokalpresse für eine Kündigung des Zentrums stark. Denn ein hartnäckiges Gerücht, das von einem aufwendigen Sanierungskonzept des Wohngebietes um den alten Hafen herum kündet, nährt seine Hoffnung, die „Garstigen“ bald loszuwerden. An den Stadtrand gedrängt Gegenüber der taz mochte der Dezernent Fichtner nicht von den möglichen Alternativstandorten sprechen, fällt die Auswahl in der Duisburger Innenstadt doch auch schwer. Die Mitarbeiter des Eschhauses wissen es genauer: „Es gibt im Innenstadtbereich kein einziges leerstehendes Gebäude, das als Zentrum in Frage kommt.“ Da kann die Befürchtung des Grünen Paul Bigalski durchaus zutreffen, der die „Auslagerung der gesellschaftlichen Abfälle ins Industriegebiet am Rande der Stadt auf das Eschhaus zukommen sieht“. Und was ist so ein Zentrum dann noch wert? Schließlich müssen sich solche Auseinandersetzungen wie mit den Punks doch in der Öffentlichkeit abspielen können. Das krisenerprobte Mitarbeiterteam des Eschhauses reagiert zunächst gelassen. Als erster Schritt ist eine Pro–Eschhaus–Kampagne geplant, in der die Duisburger über Hintergrund und Ablauf des Konfliktes informiert werden sollen. In dieser Phase wird in fast täglich stattfindenden Vollversammlungen die Verhandlungsstrategie gegenüber der Stadt mit den Besuchern und Nutzern des Hauses diskutiert. Die Hauptforderung lautet: Rücknahme der Kündigung - denn in der Tat, wenn es um eine schlichte Standortverlegung ginge, hätte der Dezernent nicht den ganzen Vertrag kündigen müssen.

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