piwik no script img

„Einschulung“ an der Teske-SchuleDer letzte Versuch

In der Schöneberger Teske-Schule startet am Freitag ein separater Schulbetrieb mit Flüchtlingsklassen. Bereits vor Schulbeginn ist die Kritik groß.

Die ehemalige Teske-Schule am Tempelhofer Weg in Schöneberg Foto: Dirk Ingo Franke CC-BY 4.0

Es ist die wohl letzte Einschulungsfeier in diesem Jahr – und dürfte zugleich die umstrittenste sein: Am 4. Oktober soll für knapp 50 jugendliche Flüchtlingen das Schuljahr in der ehemaligen Teske-Schule am Tempelhofer Weg in Schöneberg beginnen. Am Freitag gibt es die entsprechende Feier dazu in der Hugo-Gaudig-Schule – die „Willkommens-Profil-Klassen“, wie sie heißen, firmieren als Filialbetrieb der nahen Sekundarschule.

Die Aufregung um die ungewöhnliche Filialschule für 15- bis 16-jährige Flüchtlinge war bei Bekanntwerden der Pläne vor den Sommerferien groß: Von „Separierung“ und „faktischer Ausgrenzung“ sprach die Ehrenamtlichen-Initiative Schöneberg hilft e. V. Der Berliner Flüchtlingsrat setzte noch eins drauf: „Apartheidsschule“.

Alles ein riesiges Missverständnis, versucht die Senatsbildungsverwaltung seither die Diskussion wieder einzufangen. Keinesfalls wolle man in die Lerngruppen – vier bis fünf Klassen mit unterschiedlichen Niveaustufen werden es sein – diejenigen abschieben, für die man ohnehin keine Perspektive mehr sehe. Etwa weil sie in den Schulen nicht den Sprung aus den Deutsch-Lerngruppen (vulgo „Willkommensklassen“) heraus schaffen – und sie dann, wenn die Schulpflicht für sie endet, ohne Abschluss auf der Straße sitzen. Vielmehr gehe es darum, überhaupt Perspektiven zu schaffen: Indem man kaum alphabetisierte oder durch Flucht traumatisierte Jugendliche so fördere, „dass ihnen der Anschluss an unser reguläres Bildungssystem gelingen kann“.

Die Kritik von Schöneberg hilft e. V. an einem mangelhaften pädagogischen Konzept kontert man mit dem Schlagwort „Bildungszentrum“: Gemeinsame Sport- und Musik-AGs mit der Hugo-Gaudig-Schule seien geplant. Die Arbeitsagentur Süd und der Europäische Sozialfonds sind zudem bei der Finanzierung eines Projekts zur Berufsorientierung behilflich. Es seien inzwischen genügend Lehrer eingestellt worden, die Erfahrungen „mit dieser speziellen Zielgruppe“ hätten, ein Sozialarbeiter und die Schulpsychologie seien mit im Boot. Im Übrigen, so die Bildungsverwaltung, sollen die Flüchtlinge nun auch in mindestens einem Kurs gemeinsam mit den Hugo-Gaudig-Schülern unterrichtet werden. Kurzum: Von „Segregation“ könne keine Rede sein.

Kritiker bleiben skeptisch

Hans-Jürgen Kuhn von Schöneberg hilft e. V. ist am Mittwoch trotzdem weiter skeptisch: Man halte es nach wie vor nicht für sinnvoll, die Jugendlichen aus dem normalen Schulbetrieb herauszunehmen – zumal man sehen müsse, was von den angekündigten Kooperationen tatsächlich umgesetzt werde. Eine Zusammenarbeit seiner Initiative mit der Bildungsverwaltung, die Letztere am Mittwoch ebenfalls ankündigt, sei jedenfalls wenig konkret: „Wir sagen ganz klar, dass wir erst einmal schauen, wie sich das Projekt entwickelt und deshalb noch offen lassen, ob und in welcher Form wir uns beteiligen.“

Überhaupt scheint die Kommunikation beim Projekt Bildungszentrum mitunter nicht ganz einfach zu sein: Schulstadtrat Oliver Schworck (SPD) sprach am Mittwoch lediglich noch von einem Schulstart „so schnell wie möglich“ – zumal auch einige Möbellieferungen erst noch auf dem Weg seien. Kuhn von Schöneberg hilft e. V. kritisiert zudem, dass die Schüler aus dem ganzen Stadtgebiet kommen sollen: „Die Entwicklung von dezentralen Angeboten im Wohnumfeld der Jugendlichen erscheint uns sinnvoller.“

Hier wurde von Anfang an etwas schlechtgeredet

Schulstadtrat Oliver Schworck

Schulstadtrat Schworck macht diese Kritik wütend: Das Bildungszentrum sei der Versuch, „eine Lücke zu füllen“, die es im Schulsystem für die Geflüchteten gebe. „Hier wurde von Anfang an etwas schlechtgeredet und -geschrieben, das ein Angebot für Menschen sein will, die sonst durch alle Raster fallen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare