Einreise nach Deutschland: Zu Unrecht ferngehalten
Rund 400.000 Ausländer könnten rechtswidrig mit einer Einreisesperre belegt sein. Die Bundesregierung will das Aufenthaltsgesetz nachbessern.
BERLIN taz | Wer aus Deutschland ausgewiesen oder abgeschoben wurde, für den hieß es häufig: Es gibt keinen Weg zurück. Denn jahrelang wurden bei einer Ausweisung oder Abschiebung in vielen Fällen unbefristete Sperren zur Wiedereinreise verhängt.
Doch das, so die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion Ulla Jelpke, verstoße gegen EU-Recht. „Fast eine halbe Million Ausländer sind rechtswidrig mit einer Einreisesperre belegt“, sagte Jelpke am Mittwoch. Sie bezieht sich dabei auf eine aktuelle Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion.
Darin räumt die Bundesregierung ein, dass in Sachen Einreisesperren Handlungsbedarf besteht und sie eine „Anpassung des Aufenthaltsgesetzes“ plant. Auch das Ausländerzentralregister, in dem die unbefristeten Einreisesperren registriert sind, will man in Zusammenarbeit mit den Ländern und der Bundespolizei bereinigen.
Die neue Entwicklung geht auf eine EU-Richtlinie und einen Spruch des Europäischen Gerichtshofs vom September 2013 zurück. In Deutschland wurde eine Einreisesperre im Falle einer Ausweisung oder Abschiebung im Regelfall bisher unbefristet verhängt. Die Betroffenen mussten eine Befristung extra beantragen. Das jedoch ist laut EU-Recht nicht zulässig. Wiedereinreisesperren müssen demnach immer befristet werden, und zwar auf maximal fünf Jahre.
Zudem muss die Einreisesperre bereits mit der Abschiebung oder Ausweisung mitgeteilt werden. Auch auf alte Fälle treffen diese Kriterien zu. Ausnahmen können allerdings gemacht werden, wenn die Person eine schwere Straftat begangen hat und eine Prognose besagt, dass sie auch künftig die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden wird.
Die Bundesregierung teilt in der Antwort auch mit, dass zum Stichtag 31. Oktober 2013 etwas über 495.000 nicht in Deutschland lebende Ausländer im Ausländerzentralregister mit einem unbefristeten Einreiseverbot erfasst sind. Nach Schätzung von Rechtsanwälten müssten bei voraussichtlich über 400.000 von ihnen die Einreisesperren aufgehoben werden, sagte Jelpke.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken