Einigung zum Digitalpakt 2.0: Vergiftete Botschaft an Stark-Watzinger
Özdemirs Plan, den Digitalpakt 2.0 durchzusetzen, war ein bittersüßer Gruß an die Ex-Ministerin Stark-Watzinger. Es ist nur ein Scheinerfolg.
D er Übergangs-Bildungsminister Cem Özdemir liefert: Zum Amtsantritt hat der Grüne versprochen, die verkorksten Gespräche zum Digitalpakt 2.0 erfolgreich abzuschließen. Nun, ein paar Wochen später, verkündet die zuständige Verhandlungsgruppe Vollzug.
Diese Woche sollen die Details vorgestellt werden. Die neue Bundesregierung kann dann, so hoffen Özdemir und Co, auf eine perfekte Vorlage zurückgreifen.
Wie wahrscheinlich das ist, wissen die Beteiligten selbst: nicht sonderlich. Diese Blöße wird sich die wahrscheinliche Wahlgewinnerin Union nicht geben wollen. Das zeigen die ersten (kritischen) Äußerungen zum vorliegenden Kompromiss. Deshalb sollte man die Einigung lieber als das sehen, was sie tatsächlich ist: ein vergifteter Abschiedsgruß an Bettina Stark-Watziner.
Die zurückgetretene FDP-Bildungsministerin hat sich in den Ländern mit einseitigen Alleingängen und Maximalforderungen (auch zum Digitalpakt) unbeliebt gemacht.
Sie spüren zu lassen, wie problemlos Bund und Länder plötzlich zusammenarbeiten können, wenn sie und ihre nervige Partei nicht mehr mitmischen, ist sicherlich eine große Genugtuung. Bestimmt auch bei SPD und Grünen.
Özdemir handelt aus purem Eigennutz
Dass Özdemir den Ländern inhaltlich so weit entgegenkommt, kann dabei nicht wundern. Als potenzieller Ministerpräsident von Baden-Württemberg würde er selbst von der Einigung profitieren. Sein Land müsste so gut wie keine neuen Gelder bereitstellen.
Und dann ist auch noch die Abkehr vom Königsteiner Schlüssel und damit eine bedarfsgerechtere Mittelvergabe, wie sie Stark-Watzinger für den Digitalpakt 2.0 forderte, vom Tisch. Baden-Württemberg und andere reiche Länder können also weiter auf ihre Pfründen hoffen, auch wenn das Geld woanders dringender benötigt würde.
Für die Schulen und die klammen Kommunen wäre eine andere Botschaft besser gewesen: nämlich, dass Bund und Länder den Digitalpakt 2.0 wieder so großzügig ausstatten wie den Vorgänger: Jetzt wäre es nicht mal halb so viel Geld. Das kann die neue Regierung gerne korrigieren.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen