Einheitsdenkmal: Einheitsdenkmal spaltet Berlin
Der Bund will auf dem Schlossplatz ein Denkmal an die deutsche Einheit errichten. Das Berliner Parlament durfte aber nicht mitreden. Linke und Grüne halten den Standort für unangemessen.
![](https://taz.de/picture/396085/14/schlossfreiheit-DPA.jpg)
Das vom Bund geplante "Einheits- und Freiheitsdenkmal" auf dem Schlossplatz führt zu Unmut unter Berliner Landespolitikern. Nach dem Willen von Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) soll das neue "nationale Symbol" zum 9. November 2009, dem 20. Jahrestag des Mauerfalls, eingeweiht werden. Als Standort für das Denkmal, das laut Bundestagsbeschluss an die friedliche DDR-Revolution von 1989 und andere Freiheitsbewegungen erinnern soll, habe man sich laut Neumann mit dem Land auf "die Mitte Berlins", geeinigt: den Sockel des ehemaligen Reiterstandbilds Wilhelms I. auf der Schlossfreiheit. Das verkündete Neumann letzten Mittwoch im Bundeskulturausschuss.
Landespolitiker kritisieren, dass Berlin bei der vermeintlichen "Einigung" überfahren wurde. Obwohl die Senatsverwaltungen einen anderen Standort für das Denkmal wollten, schwenkte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) vorige Woche überraschend auf Bundeslinie ein. Der kleine Koalitionspartner fühlt sich von der "absolutistischen Manier" Wowereits überrumpelt. "Eine Standortabwägung hat nicht stattgefunden", sagte der stadtentwicklungspolitische Sprecher der Linken, Thomas Flierl, der taz.
Auch aus inhaltlichen Gründen beschloss die Linke, die dem Denkmal generell skeptisch gegenübersteht, sich dem Standort auf dem Sockel zu verweigern. Es sei eine "unheilvolle Kontinuität", ausgerechnet am Inszenierungsort des wilhelminischen Obrigkeitsstaats der deutschen Einheit zu gedenken, sagt Flierl. Die Linke favorisiert, wie auch die Senatsbaudirektorin und der Gedenkstättenbeauftragte des Senats, die Nordseite des geplanten Humboldt-Forums gegenüber dem Lustgarten. Dort habe der preußische König vor den Toten der Märzrevolution seinen Hut gezogen, dort seien die Aufständischen der Novemberrevolution und die DDR-Demonstranten vorbeigezogen.
Die Grünen wiederum finden den Pariser Platz am geeignetsten. Das Brandenburger Tor stehe exemplarisch für die Einheit des Landes, der Schlossplatz habe dagegen keine Nähe zur Mauer oder den Orten des DDR-Widerstands. Nach Ansicht der kulturpolitischen Sprecherin Alice Ströver bedürfe es erst einmal einer Diskussion darüber, wessen man eigentlich gedenken wolle: Freiheit, Einheit oder Wiedervereinigung. "Es kann nicht sein, dass über dieses Thema ohne Einbeziehung des Parlaments und ohne öffentlichen Diskurs entschieden wird", so Ströver. Als Vorbild für eine fruchtbare öffentliche Debatte nannte sie das jahrelange Ringen um Form und Inhalt des Holocaustmahnmals.
Zumindest die Form des Einheitsdenkmals ist noch offen. Bei der ringförmigen Skulptur, die 2007 einen studentischen Wettbewerb von Bundesbauministerium und "Stiftung Aufarbeitung" gewann, wird es wohl nicht bleiben: Kulturstaatsminister Neumann kündigte einen Gestaltungswettbewerb an, der "eine große Akzeptanz des Denkmals erreichen" solle. Vermutlich wird der Wettbewerb vom Bundesbauministerium verantwortet und von der lokalen Stadtentwicklungsverwaltung durchgeführt.
Die gibt sich bislang gelassen. "Bis wir damit zu tun bekommen, wird es noch dauern", sagte eine Sprecherin. Bis klar ist, ob und was auf den Sockel kommt, wird der Schlossplatz schon wieder ganz anders aussehen. Diesen Herbst soll auf der nördlichen Schlossfreiheit die temporäre Kunsthalle "White Cube" eröffnen, bis Ende 2009 gegenüber die Ruine des Palasts der Republik verschwinden. Zwei Termine, die wahrscheinlicher sind als ein Denkmal zum November 2009.
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