Einflussnahme bei ProSiebenSat.1: Berlusconi spielt TV-Monopoly
Italiens früherer Premier will seinen Einfluss beim deutschen Medienunternehmen ProSiebenSat.1 erhöhen. Die Branche reagiert nervös.
Der Medienkonzern von Silvio Berlusconi, Media for Europe (MFE), will seine Anteile beim Münchner Unternehmen ProSiebenSat.1 aufstocken. Das hat MFE am Montag bei österreichischen und deutschen Behörden angemeldet.
1. Wird Berlusconi jetzt also Chef von ProSiebenSat.1?
Dass es so weit kommt, befürchten viele in der Branche schon seit Jahren, davon ist er aber nach wie vor weit entfernt. Der Medienkonzern MFE, der zu Berlusconis Firma Fininvest gehört und von seinem Sohn geleitet wird, ist zwar jetzt schon der größte Aktionär bei ProSiebenSat.1. Ihm gehören bisher allerdings nur etwa ein Viertel der Aktien. Diesen Anteil finden deutsche Medienbehörden unbedenklich. Mit einem Viertel der Unternehmensanteile, so die Idee, sei eine zu starke Kontrolle durch den Ex-Staatsmann unwahrscheinlich. Berlusconi will nun jedoch offenbar ordentlich Anteile hinzukaufen. Laut der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) beabsichtigt die MFE, ihren Anteil auf bis zu 29,9 Prozent aufzustocken.
2. Das heißt, dann gewinnt Berlusconi zumindest massiv an Einfluss?
Jemand muss ihm die fehlenden Anteile erst einmal verkaufen. Eine kartellrechtliche Anmeldung ist noch kein Kauf.
3. Wo genau liegt das Problem?
Berlusconi ist bekannt dafür, Einfluss auf Medien zu nehmen. Der frühere Ministerpräsident Italiens und Parteichef der Forza Italia möchte sein Medienimperium auf Europa ausdehnen. Der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbands, Frank Überall, befürchtet: „Eine faktische Übernahme von ProSiebenSat.1 durch Silvio Berlusconi würde die publizistische Ausrichtung der Sendergruppe nachhaltig stören.“ Überall sagt, Berlusconi habe seine italienischen Medien als „Begleitmusik für seine politischen Ansichten und Ambitionen“ missbraucht. Rechtlich ist hier das Gebot der „Staatsferne“ beim Rundfunk relevant. Dieses gilt auch für Privatsender. Zwar dürfen Parteipolitiker*innen grundsätzlich Anteile an diesen erwerben, besagt ein Entscheid des Bundesverfassungsgerichts – aber nicht so viele, dass sie dadurch „bestimmenden Einfluss“ auf die Programmgestaltung oder die Programminhalte nehmen können.
Ob dieser Punkt demnächst erreicht sein könnte, das prüfen in Deutschland die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) und die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK). Falls diese Potenzial für „bestimmenden Einfluss“ sehen, könnte ein solcher Kauf untersagt werden.
4. Und was hätte ProSiebenSat.1 davon?
Das deutsche Privatfernsehen hat wirtschaftliche Probleme. Werbeerlöse brechen ein, die Zukunft ist unklar. Wo geht es hin angesichts der Konkurrenz durch internationale Streaminganbieter? Eine Finanzspritze könnte guttun. Aber die müsste nicht zwingend von Berlusconi kommen. Auch eine Fusion von ProSiebenSat.1 mit Konkurrentin RTL wäre nämlich denkbar. (pwe) mit dpa
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