: Eine Vernunftehe zum Geldsparen
■ 6.600 Jobs sollen bei Krupp und Thyssen verlorengehen, aber sozialverträglich. Stahlarbeiter beendeten ihren Ausstand. Die Umstrukturierung soll aus den Einsparungen durch die Fusion finanziert werden
Essen (dpa/rtr/taz) – Keine Liebesheirat, aber doch eine „Ehe der Vernunft“ nannte der Vorstandsvorsitzende des Krupp-Konzerns, Gerhard Cromme, die Stahlfusion mit dem Konkurrenten Thyssen. Einen Tag zuvor hatte der Aufsichtsrat von Thyssen die Fusionspläne gebilligt.
Eine erfreuliche Nachricht gab es: Es werden nur 6.600 Stellen abgebaut statt der bisher angekündigten 7.900. Die Vorstände gingen auch auf die Forderung der mißtrauischen Betriebsräte ein und gaben ihnen eine schriftliche Zusicherung, daß es trotz des geplanten Stellenabbaus in den kommenden fünf Jahren keine betriebsbedingten Kündigungen geben werde. Gestern, mit Beginn der Frühschicht, stellten daraufhin die 10.000 Krupp-Stahlarbeiter in Dortmund, Bochum und Siegen ihren Streik ein.
Der neue Stahlgigant, an dem Thyssen einen Anteil von 60 Prozent und Krupp 40 Prozent hält, wird zum 1. April mit einer Belegschaft von 23.600 gegründet. Der bisherige Vorstandsvorsitzende von Thyssen-Stahl, Ekkehard Schulz, übernimmt die Führung. 2.000 Stellen würden wegen der Fusion gestrichen, so Vogel. Die restlichen 4.600 Jobs hätten die Konzerne auch im Alleingang abbauen wollen. In Dortmund, wo die meisten Stellen gestrichen werden, wollen die Konzerne in ein modernes Elektrostahlwerk investieren und 1.300 Stellen außerhalb des Stahlbereichs schaffen.
Thyssen-Chef Vogel erklärte, Krupp müsse laut der Übereinkunft Zugeständnisse machen. Teilwertabschreibungen und Sozialplankosten gingen ausschließlich zu Lasten des Essener Konzerns. Krupp habe sich verpflichtet, dafür Ausgleichszahlungen von bis zu 1,3 Milliarden Mark zu leisten. Außerdem erhalte Thyssen wegen seiner besseren Ertragslage bis zum Jahr 2001 von den gemeinsamen Gewinnen 300 Millionen Mark mehr im Jahr als Krupp. Krupp-Chef Cromme widersprach jedoch gestern Vogels Ausführungen. Die Kosten würden nicht von Krupp getragen, sondern von der neuen Stahlgesellschaft. Diese werden durch die Zusammenlegung 550 Millionen Mark im Jahr sparen. Mit diesem Geld könnten die Umstrukturierung und der Stellenabbau problemlos finanziert werden.
Cromme lobte, mit der neuen Gesellschaft könne Thyssen zu einem Kostenführer in Europa aufsteigen, und Krupp habe die Chance, davon zu profitieren. Stolz erklärte er, „dank unserer Initiative konnte ein großes unternehmerisches Ziel erreicht werden“. Thyssen Krupp Stahl soll rund 15 Millionen Tonnen Rohstahl jährlich erzeugen und einen Umsatz von elf Milliarden Mark machen.
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