piwik no script img

Eine Taskforce für FußballMann sucht Zukunft

Das Papier „Zukunft Profifußball“ liegt vor: Wo viel Geld verdient wird, soll es nachhaltiger zugehen. Der Rest wird nicht bedacht.

„Der Fußball wird leben, euer Business ist krank!“ Fan-Transparent in der Zweiten Liga Foto: Hangst/dpa

Interessant war wie so oft vor allem das, worum es nicht ging bei der Vorstellung der Ergebnisse der „Taskforce Zukunft Profifußball“. Es ging nicht um den Amateur- und Halbprofifußball, dessen VertreterInnen schon qua Prinzip nicht eingebunden waren. Es ging nur in wenigen Sätzen um Frauenfußball – unterschieden wurde in Fußball und Frauenfußball – und Frauen tauchten in 2 von 17 Punkten auf, der Rest war klar am Spitzenfußball der Männer orientiert. Und es ging auch kaum um die von Fans geforderte Umverteilung innerhalb der Männer-Bundesliga.

„Ist das eine Alibi-Debatte für die Kameras? Ganz sicher nicht“, versicherte DFL-Boss Christian Seifert bei der Präsentation. Es solle kein Ende, sondern ein Schritt zu steter Diskussion sein. „Ein solches Format ist einzigartig im Weltsport.“ Die aus 37 Mitgliedern bestehende Taskforce, etwa VertreterInnen aus Marketing, Fanszenen, Klubs und aus der Politik, hatte in drei Gruppen diskutiert.

Herausgekommen ist dabei ein Papier, das sich am ehesten als Mischung aus den Themen Corporate Social Responsibility, Stabilität und grünem Kapitalismus bezeichnen lässt. Eben das, was herauskommt, wenn sehr verschiedene Interessengruppen zusammenkommen unter dem Dach einer Organisation, die die Grundmechanismen des Business nicht antasten will. Prominent war interessanterweise Nachhaltigkeit.

So schlägt die Kommission vor, eine Rating-Agentur zu engagieren, die Nachhaltigkeitsstandards bewertet, verpflichtende Nachhaltigkeitsbeauftragte in Klubs, Überprüfung von Lieferketten und eine DFL-Kommission. Eventuell könnten Kriterien in die Geldverteilung einfließen. Das alles solle aber mit viel Belohnung einhergehen, nicht mit Sanktion.

Frauenfußball soll auch gefördert werden, irgendwie

Der zweite Themenkomplex, Stabilität, brachte vertraute Sparsamkeitsforderungen, die spätestens seit Covid unter der Elite im deutschen Männerfußballs populär sind: strengere Lizenzkritierien, Gehaltsobergrenzen, ein strikteres Financial Fairplay oder mehr Kontrolle der Beraterbranche. Äußerungen, die progressiv klingen, aber vor allem Gewinne sichern. Umverteilung kam nur beim Thema Uefa-Gelder vor. Denn wie Christian Seifert schon sagte: „Spannender Wettbewerb hat nicht immer damit zu tun, jemandem Geld wegzunehmen.“

Praktischerweise hatte man die Verteilung der TV-Gelder im Männerfußball schon vorher beschlossen.

Im Übrigen solle Frauenfußball gefördert werden, vielleicht mit Patenschaften oder einer Verpflichtung, und es sollen mehr Frauen in Gremien, aber von einer Quote ist nicht die Rede. Immerhin, Fans sollen stärker eingebunden werden, etwa in Aufsichtsräte. So bleiben viele gesellschaftliche Themen, die nicht wehtun.

Schon vorher hatte mancher Fan solche Befürchtungen. „Wenn es Veränderungen geben soll, müssen die entscheidungsrelevanten Leute das auch wirklich wollen. Und diesen Eindruck habe ich nicht“, sagte Sig Zelt, der Sprecher von Pro Fans. „Da kann man Gesprächsrunden bis zum Abwinken führen.“ Praktischerweise hatte man die Verteilung der TV-Gelder im Männerfußball ja schon vorher beschlossen.

Unterdessen hat die Pandemie auch bei Teilen der Amateure für Ernüchterung gesorgt. „Ich nehme in den Vereinen viele existenzielle Nöte wahr“, sagt die Union-Spielerin Greta Budde. „Man versucht einfach, über Wasser zu bleiben.“ Budde war Teil einer Gruppe, die mit dem Verein Gesellschaftsspiele unabhängig eine Utopie für einen besseren Fußball entwarf und dafür einen Fanpreis gewann. „Weiter­gehende progressive Gedanken geraten in den Hintergrund. Es wird leider nicht als der richtige Zeitpunkt wahrgenommen, um grundlegende Dinge am System zu verändern“, sagt sie nun. Die Entwicklung des Frauenfußballs sei durch die Krise zum Stillstand gekommen. „Ob wir auf gleichem Level bleiben oder es einen Rückschritt geben wird, ist schwer absehbar.“

David Hoffmann von Gesellschaftsspiele berichtet von Problemen auch organisierter Fans. „Anfangs gab es eine große Euphorie, man wollte Veränderungen, Kritik üben. Seit Sommer scheinen manche Gruppen Probleme zu haben, zusammenzubleiben und überhaupt einen Esprit als Gruppe zu halten. Das wird noch viele Konsequenzen in den Fanszenen haben. Dann drohen wieder kritische AkteurInnen wegzufallen.“ Eine Krise ist Chance, aber schnell auch Bedrohung.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!