Eine Seilbahn! Für Berlin!: Holadaittijo!

Von der Talstation auf den Kienberg und hinunter zu den Gärten der Welt: Die Seilbahn für die Internationale Gartenausstellung in Hellersdorf wird eine Attraktion.

Müller vor der Seilbahnbaustelle

Der Berg ruft, und Michael Müller (l.) hört ihn: Der Regierende auf der Seilbahnbaustelle Foto: dpa

Um es vorwegzunehmen: Keiner hat gejodelt. Vielleicht auch, weil es nicht als Witz rüberkommen sollte, was da am Mittwoch in Hellersdorf eine Art Richtfest feierte. Berlin bekommt eine Seilbahn. Ab April nächsten Jahres soll sie die Gäste über das Gelände der Internationalen Gartenausstellung und den Kienberg zu den Gärten der Welt tragen. Deutschlands größte „urbane Seilbahn“ und eine „spektakuläre Ergänzung zur IGA“, fand Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD). Oder muss man ihn jetzt Regierenden Bergmeister nennen?

Nach Bergen, genauer gesagt, nach Tiroler Bergen, sah es nämlich schon ein wenig aus bei dieser ungewöhnlichen Baustellenbesichtigung. Auf der Speisekarte standen Südtiroler Jausn, und hinter dem Stehtisch mit den Mikrofonen für die Redner war eine Gondel drapiert. Keine Fototapete, eine echte Personenkabine der Firma Leitner aus Sterzing in Südtirol.

Made in Südtirol

„Es ist uns eine Ehre, so etwas in Berlin zu bauen“, freute sich Leitner-Geschäftsführer Michael Seeber. Die Firma mit 1.500 Beschäftigten baut die 1,5 Kilometer lange Bahn auf eigenes Risiko. Nach der sechs Monate dauernden IGA soll sie in Betrieb bleiben und mit ihren 62 Kabinen bis zu 6.000 Personen pro Stunde befördern. „Ein Musterbeispiel für eine Private Public Partnership“, betonte Seeber, der nicht nur Dutzende Mitarbeiter aus dem sonnigen Italien mitgebracht hatte, sondern auch jede Menge Sonnenbrillen verteilen ließ.

Und die Sonne schien tatsächlich. Spiegelte sich auf der vormontierten Stütze, auf die – Achtung, Fototermin! – ein Satz Rollbatterien „eingehoben“ wurde. Auf denen wird dann das Seil schnurren. An dieses alpine Vokabular im sonst flachen und bodenständigen Berlin sollte man sich gewöhnen, denn die Seilbahn Marke Leitner wird auch an den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen. Eine der beiden Talstationen befindet sich nämlich am U-Bahnhof Neue Grottkauer Straße, der demnächst in „Kienberg-Gärten der Welt“ umbenannt werden soll. Mit der Kanzler-U-Bahn 5 kann man dann direkt vom Hauptbahnhof zur Talstation gondeln.

Auf dem Kienberg, mit 102,2 Metern Höhe nicht nur der Hausberg von Hellersdorf, sondern nun auch eine Art Ortler Berlins, ragt bereits der Rohbau der Bergstation in die Höhe. Zweite Talstation wird dann am Blumberger Damm am Eingang zu den Gärten der Welt sein. „Hier kommen mehrere gute Dinge zusammen“, lachte Bergmeister Müller. Immerhin hatte er keine Sonnenbrille auf.

Christoph Schmidt, dem Geschäftsführer der IGA, wird da ein bisschen bang geworden sein. Stiehlt die Seilbahn womöglich seiner Gartenschau die Schau? Aber es war nicht die Firma Leitner, die die Seilbahn wollte, sondern die IGA selbst. Und natürlich das Land Berlin. 2013 wurde der Auftrag europaweit ausgeschrieben. „Und schon im September soll der Probebetrieb laufen“, kündigte Schmidt an.

Die Internationale Gartenschau IGA findet alle zehn Jahre in Deutschland statt. Ursprünglich sollte die IGA 2017 auf das Tempelhofer Feld. Michael Müller, damals noch Senator, schickte sie dann aber nach Hellersdorf. Sie startet am 17. April 2017 und dauert bis Oktober.

Zusammen mit den Gärten der Welt wird das IGA-Gelände rund um den 102 Meter hohen Kienberg zum Erlebnispark. Die Fläche ist 100 Hektar groß.

Die 1,5 Kilometer lange Seilbahn führt von der Talstation am U-Bahnhof Neue Grottkauer Straße über die Bergstation Kienberg zur zweiten Talstation am Blumberger Damm. Dort ist der Eingang zu den Gärten der Welt.

Wer schwindelfrei ist, kann in eine der sechs Kabinen steigen, deren Boden aus Glas besteht. Die Fahrzeit beträgt fünf Minuten. (wera)

Ökologische Lösung

Für den IGA-Chef ist die Bahn auch die ökologischste Variante, das 100 Hektar große Ausstellungsgelände zu erschließen. Denn sowohl für eine auf Schienen verkehrende Bahn als auch für Elektrobusse hätten breite Schneisen in den bewaldeten Kienberg geschlagen werden müssen. Auch das ökologisch wertvolle Wuhletal werde mit der Seilbahn geschützt, sagt Schmidt. Auch der IGA-Chef, ein hochgewachsener Mann, den man sich gut und gerne auch beim Snowboarden auf den Gipfeln Südtirols vorstellen kann, war in Bergeslaune. „Manch einer hat geschmunzelt, als Berlin vor ein paar Jahren ein Seilbahngesetz auf den Weg gebracht hat“, sagte er. „Aber das war weitsichtig.“

Der Satz hätte natürlich auch von Burkhard Kieker stammen können, oberster Touristenwerber von Visit Berlin. Aber Kieker hat auch andere schöne Sätze auf Lager. Zum Beispiel: „Berlin ist eine Mischung von Nervenkitzel und Chill-out“, sagte er. „In Hellersdorf sind wir eindeutig in der Chill-out-Zone.“ Was nicht heißen soll, dass er sich um Besucherzahlen sorgt. Eher könne man mit der IGA nun auch die Besucherströme aus dem Zentrum herauslocken.

Für Kieker sind die IGA und die Seilbahn jedenfalls die „größten Attraktionen des nächsten Jahres“. Soll wohl heißen: Auch Berlins Tourismuschef rechnet nicht mehr mit der Eröffnung des BER 2017.

Vielleicht hätte den Flughafen auch die Firma Leitner bauen sollen. „Wir sind voll im Zeitplan“, versicherte Geschäftsführer Seeber.

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