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Eine Form von Voyeurismus

betr.: „Die Erlösungsdiktatur“ (Big Brother), taz vom 17. 9. 00

[...] Das freie Spiel der Kräfte existiert immer nur kurzfristig. Auch in den Medien besteht die Tendenz zur Monopolbildung. Wer die höchsten Einschaltquoten hat, bekommt am meisten Recht. Es ist sehr fragwürdig, diese Sendung als „fortschrittlich“ zu bezeichnen. Sie ist auch nicht „fortschrittlich“ gegenüber „Dallas & Co“.

[...] Denn es handelt sich hier eben doch um eine Form von Voyeurismus. Das Publikum weiß selbstverständlich, dass hier keine Schauspieler, sondern echte Menschen agieren, und die Freude über das Scheitern von menschlichen Versuchen, ein (soziales) Problem zu bewältigen, liegt auf der gleichen Ebene unserer primitiven Reality-Schadenfreude (siehe Unfallvoyeurismus oder die Schadenfreude darüber, dass es eben in der Ehe des Nachbarn oder Kollegen auch nicht geklappt hat).

Der konsequente Liberalismus funktioniert nicht oder nur kurzfristig. Fortschritt existiert nur, wo sich auch menschliches Verhalten, das heißt eben auch das von Fernsehzuschauern vorwärts entwickelt. H. LIEBIG, Wilhelmshaven

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