piwik no script img

Eine Diktatur gleicht nicht immer der anderen

■ betr.: "Todesstrafe gegen Exilkubaner vollstreckt", taz vom 22.1.92

betr.: „Todesstrafe gegen Exilkubaner vollstreckt“,

taz vom 22.1.92

Eine neue Hinrichtung auf Kuba. Für die unzähligen Gnadengesuche aus internationalen politischen, künstlerischen und kirchlichen Kreisen hatte Castro nur taube Ohren. Nach einem achtstündigen Schnellverfahren wurde der 38jährige Eduardo Díaz Betancourt zum Tode verurteilt und wenige Tage später hingerichtet: hingerichtet wegen einer Intention, vollendete Tatsachen gibt es keine.

Vom juristischen Standpunkt aus ist das Mord. Castro — selbst Rechtsanwalt — muß das wissen. Weit zurück liegt der 26. Juli 1953, als unter Castros Kommando die Kaserne Moncada in Santiago de Cuba gestürmt und dabei Dutzende von Soldaten und Angreifern getötet wurden. Diese blutige Aktion, die Castro organisiert hatte und für die er nach seiner Verhaftung die volle Verantwortung übernahm, verfolgte das Ziel, gegen eine Tyrannei anzutreten, die keine freien demokratischen Wahlen zuließ (Originalton Castro, 1953). Castro wurde zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt, wobei das diktatorische Regime General Batistas — eine der korruptesten und kriminellsten Regierungen Cubas — ihm eine faire, öffentliche Verhandlung mit freier Presseberichterstattung garantierte. Ein Jahr später erfolgte eine Amnestierung Castros und aller anderen im Zusammenhang mit dieser Aktion Inhaftierten.

Fast 40 Jahre später versucht ein anderer Kubaner, gegen eine Tyrannei, die keine freien und demokratischen Wahlen zuläßt, anzukämpfen. Der neue Machthaber — anders als sein Vorgänger — kennt keine Barmherzigkeit, verurteilt ihn schon seiner Absicht wegen zu Tode und läßt sich von der Vollstreckung des Urteils durch nichts und niemanden aufhalten. Eine Diktatur gleicht nicht immer der anderen.

Castros Plädoyer im Jahr 1953 endete mit den Worten: „Die Geschichte wird mich freisprechen.“ Nun ist es am kubanischen Volk, das Verdikt zu sprechen. Carlos A. Fernández-Molina, Kubaner und seit einigen Jahren in der Bundesrepublik

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen