: Ein schöner Fußballnachmittag
■ Die Schwarzhändler freuen sich ganz besonders aufs morgige Spiel St. Pauli gegen die Bayern
Das Spiel ist schon seit Wochen ausverkauft. „Wir hätten alleine in Hamburg über 60.000 Karten verkaufen können“, sehnt der Geschäftsführer des FC St. Pauli, Christian Hinzpeter, den Ausbau des Wilhelm-Koch-Stadions herbei. Doch damit wird es noch etwas dauern, und so finden auch morgen gegen Bayern München nur knapp 21.000 Menschen in der baufälligen Arena Platz. Wer bis heute keine Eintrittskarte hat, braucht dennoch nicht auf einen spannenden Fußballnachmittag zu verzichten. Es sind noch reichlich Tickets vorhanden – auf dem Schwarzmarkt.
Vor allem an der inoffiziellen Verkaufsstelle auf dem Parkplatz direkt neben dem Clubheim wird morgen reger Betrieb herrschen. Dort stehen gewöhnlich die tüchtigen Herren in ihren Jacken mit den großen Innentaschen. Zurückhaltung ist für die Schwarzhändler ein Fremdwort. „Brauchen Sie noch Karten“, wird jeder direkt angesprochen und gleich bündelweise angewedelt, der nur entfernt so aussieht, als habe er noch kein Billet. Die Preise sind gesalzen und gepfeffert: Vor fünf Wochen wurden vor dem Heimspiel gegen Borussia Dortmund schon 60 Mark für einen Stehplatz in der Gegengerade gezahlt – ohne mit der Wimper zu zucken. Die Karte kostet sonst nicht einmal ein Drittel. Für einen Sitzplatz auf der Haupttribüne war ein Hunnie fällig – morgen dürften die Kurse noch etwas anziehen.
Den Verantwortlichen beim FC St. Pauli ist dieses Problem seit längerem bekannt. Nach dem Aufstieg in die erste Liga ist es noch schlimmer geworden. „Wir sind stark damit beschäftigt, die Gruppen aufzulösen und zu zerschlagen“, sagt Hinzpeter, „das ist uns eigentlich auch gelungen.“ Ganz auszuschließen sei so etwas jedoch nie: „Wo Ware knapp ist, wird Mißbrauch betrieben.“ Nur 4.900 Karten gehen pro Heimspiel in Hamburg in den freien Verkauf, 2.000 erhält der Gastverein. Der Rest sind Dauerkarten. Am illegalen Wucherverkauf konnte auch die Polizei bisher nichts ändern, die seit geraumer Zeit verstärkt kontrolliert – schon beim Vorverkauf. Ein paar Händler wurden erwischt, aber eben nicht alle.
Auch Martin Peemöller, Leiter des Karten-Centers, weiß um die mißliche Lage: „Wir geben schon keine größeren Kontingente mehr raus.“ Seit Saisonbeginn werden pro Nase nur noch fünf Karten verkauft, bei ermäßigten Karten sogar nur zwei. Dennoch haben die Dealer keine Nachschubsorgen. „Die schicken andere vor“, ist sich Peemöller sicher, „bei dem Andrang können wir uns nicht alle Gesichter merken.“ Beim Fan-Laden ist man ebenfalls „stinkend sauer“. „Wir halten die Augen offen“, sagt Imme Glockow, „aber verhindern können wir das nicht.“ Und die radikaleren Methoden scheinen der Vergangenheit anzugehören. Nur noch selten bricht ein Nasenbein, wenn ein Schwarzhändler sein Kontingent nicht freiwillig kollektivieren wollte.
Statt dessen setzt man auf den legalen Weg. Bei der Jahreshauptversammlung am 30. Oktober wird der Fanladen zusammen mit Vorstandsmitglied Dr. Rabenstein den Antrag stellen, Vereinsmitgliedern bei Dauerkarten ein Vorkaufsrecht einzuräumen. Das wäre immerhin ein Anfang, um das Karten-Tohuwabohu am Millerntor zu entschärfen. Schon beim Dauerkartenverkauf machte das Karten-Center nicht die allerbeste Figur. cleg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen