piwik no script img

Ein deutsches Dokument

■ Wortlautauszüge aus dem Entwurf zum Einigungsvertrag zwischen Bonn und Ost-Berlin

DOKUMENTATION

KapitelI Artikel2 (Hauptstadt): „Hauptstadt Deutschlands ist Berlin. Die Frage des Regierungssitzes wird nach der Herstellung der Einheit Deutschlands entschieden.“ In einer Fußnote heißt es, daß es noch zu diesem Artikel „Vorbehalt von bundesdeutschen Ländern“ gibt.

„Mit dem Wirksamwerden des Beitritts tritt das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland“ in den DDR-Ländern in Kraft, „sowie in dem Teil des Landes Berlin, in dem es bisher nicht galt...“

Die Festlegungen im KapitelII beschreiben die nötigen Änderungen des Grundgesetzes (GG). In die Präambel werden die fünf neuen Länder hinzugefügt. Der Artikel23, der den Beitritt ermöglicht, wird aufgehoben. Außerdem wird als Neufassung in das Grundgesetz Artikel143 eingeführt. Unter anderem heißt es darin: „Recht in dem beigetretenen Teil Deutschlands kann von Bestimmungen dieses Grundgesetzes abweichen, soweit und solange in Folge der unterschiedlichen Verhältnisse völlige Anpassung an die grundgesetzliche Ordnung noch nicht erreicht werden kann.“

Artikel146 des Grundgesetzes wird neu gefaßt: „Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine neue Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung geschlossen worden ist.“

Zur Finanzverfassung heißt es in dem Entwurf unter anderem: „Die Finanzverfassung der Bundesrepublik Deutschland wird auf den beigetretenen Teil Deutschlands erstreckt, soweit in diesem Vertrag nicht anderes bestimmt ist.“ In einer Fußnote heißt es, daß „die Einbeziehung Berlins noch weiterer Prüfung bedarf“. „Es wird für notwendig gehalten, die finanziellen Auswirkungen der Vorschläge modellmäßig zu berechnen und auf dieser Grundlage zwischen den Finanzministerien die Beratungen fortzusetzen.“

Der Finanzabschnitt legt auch fest, daß bis Ende 1994 zwischen den bisherigen Ländern der Bundesrepublik und den fünf neuen Ländern „ein gesamtdeutscher Länderfinanzausgleich (Artikel107 Absatz2 GG) nicht stattfindet“. Für die Umsatzsteuerverteilung gibt es eine Sonderregelung für die DDR-Länder: „Der gesamtdeutsche Länderanteil an der Umsatzsteuer wird so in einen Ost- und Westteil aufgeteilt, daß im Ergebnis der durchschnittliche Umsatzsteueranteil pro Einwohner“ in den fünf neuen Ländern „1991 60 vom Hundert, 1992 70 vom Hundert, 1993 80 vom Hundert, 1994 90 vom Hundert des durchschnittlichen Umsatzsteueranteils pro Einwohner“ in den bisherigen Bundesländern beträgt.

Nach „Herstellung der deutschen Einheit werden die jährlichen Leistungen des Fonds 'Deutsche Einheit' 1. zu 80 Prozent als besondere Unterstützung den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie dem Land Berlin zur Deckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs gewährt und auf diese Länder im Verhältnis ihrer Einwohnerzahl ohne Berücksichtigung der Einwohnerzahl von Berlin (West) verteilt sowie 2. zu 20 Prozent zur Auffüllung zentraler öffentlicher Aufgaben auf dem Gebiet der vorgenannten Länder verwendet.“ Auch hierzu gibt es noch verschiedene Anmerkungen der Bundesländer in Fußnoten.

KapitelIII (Rechtsangleichung) regelt die Überleitung von Bundesrecht und weitergeltendes Recht der DDR. Es heißt unter anderem: „Mit dem Wirksamwerden des Beitritts der Deutschen Demokratischen Republik tritt in dem in Artikel3 genannten Gebiet Bundesrecht in Kraft, soweit durch diesen Vertrag nichts anderes bestimmt wird“. Das Recht der DDR, das noch in Kraft bleiben soll, wird in noch nicht vorliegenden Anlagen geregelt. Hier geht es dann vermutlich auch um die Abtreibungsregelung.

„Mit dem Wirksamwerden des Beitritts wird die bis zu diesem Zeitpunkt aufgelaufene Gesamtverschuldung des Republikhaushalts der Deutschen Demokratischen Republik von einem nicht rechtsfähigen Sondervermögen des Bundes übernommen, das die Schuldendienstverpflichtungen erfüllt (...) Der Bundesminister der Finanzen verwaltet das Sondervermögen. (...) Das Sondervermögen wird mit Ablauf des Jahres 1993 aufgelöst. (...) Mit Wirkung vom 1. Januar 1994 übernehmen die Treuhandanstalt, der Bund und die Länder“ der ehemaligen DDR „sowie das Land Berlin die beim Sondervermögen zum 31. Dezember 1993 aufgelaufene Gesamtverschuldung nach Maßgabe des Artikels27, Absatz3 des Vertrages über die Schaffung eine Währungs-, Wirtschafts und Sozialunion“ vom 18. Mai 1990.

Das Treuhandgesetz der DDR vom 17. Juni 1990 gilt mit unter anderem folgender Maßgabe fort: Die Treuhandanstalt wird „bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts“. „Die Zahl der Mitglieder des Verwaltungsrates der Treuhandanstalt wird auf 20 erhöht, die DDR-Länder erhalten je einen Sitz. „Die Vertragsparteien bekräftigen, daß das volkseigene Vermögen ausschließlich und allein zugunsten von Maßnahmen im Gebiet der heutigen Deutschen Demokratischen Republik unabhängig von der haushaltsmäßigen Trägerschaft verwendet wird“. Entsprechend seien die Erlöse der Anstalt zu verwenden.

Weiter heißt es: Nach Maßgabe des Artikels10 Absatz6 des ersten Staatsvertrages „sind Möglichkeiten vorzusehen, daß den Sparern zu einem späteren Zeitpunkt für den bei der Umstellung 2:1 reduzierten Betrag ein verbrieftes Anteilsrecht am volkseigenen Vermögen eingeräumt werden kann.“

Auch hier gibt es in einer Protokollnotiz noch zusätzliche Anmerkungen.

Artikel25 regelt, daß das Arbeitsvertragrecht sowie das öffentlich-rechtliche Arbeitszeitrecht einschließlich der Zulässigkeit von Sonn- und Feiertagsarbeit und den besonderen Frauenarbeitsschutz möglichst bald einheitlich neu zu qualifizieren ist.

Die Verpflichtungen aus dem Staatsvertrag zur Schaffung der Währungs- Wirtschafts- und Sozialunion sollen fortgelten, so Artikel31, „soweit nicht in diesem Vertrag Abweichendes bestimmt wird oder die Vereinbarungen im Zuge der Deutschen Einheit gegenstandslos werden“. Die abgegebene Gemeinsame Erklärung von Bonn und Ost-Berlin zur Regelung offener Vermögensfragen ist Bestandteil des Vertrages. In Artikel32 Absatz2 heißt es weiter: „Die Bundesrepublik Deutschland wird keine Rechtsvorschriften erlassen, die dieser Gemeinsamen Erklärung widersprechen.“

In den Schlußbestimmungen heißt es in Artikel33: „Rechte aus diesem Vertrag zugunsten der Deutschen Demokratischen Republik oder der in Artikel1 genannten Ländern können nach Wirksamwerden des Beitritts von diesen Ländern geltend gemacht werden.“ Über das Inkraftsetzen des Vertrages wird in Artikel34 festgelegt: „1. Dieser Vertrag einschließlich der Anlagen1 (...) tritt an dem Tage in Kraft, an dem die Regierungen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland einander mitgeteilt haben, daß die erforderlichen innerstaatlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten erfüllt sind. 2. Der Vertrag bleibt nach Herstellung der Einheit Deutschlands als Bundesrecht geltendes Recht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen