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Ein chilenischer Folterer aus gutem Hause

■ Letzte Woche verurteilte ein Washingtoner Gericht den ehemaligen Geheimdienstoffizier Fernandez / Er war 1976 an der Ermordung von Orlando Letelier beteiligt

Von D. Maier und S. Schaaf

Armando Fernandez ist am Anfang des Jahres aus Chile geflohen und hat sich den US–Behörden freiwillig gestellt. Seitdem wird er in der nordamerikanischen Presse als „ehrenhafter Offizier“ gehandelt. Er müsse - so hatte er erklärt - seinen und seines Vaters Namen von dem Makel reinigen, der ihm seit Bekanntwerden seiner Beteiligung an der Ermordung des früheren chilenischen Außenministers in Washington 1976 anhaftet. Fernandez stammt aus einer Offiziersfamilie. Er wurde 1949 in Washington D.C., wo sein Vater Militärattache an der chilenischen Botschaft war, geboren. Am Putschtag des 11. September 1973 nahm er am Sturm auf die Moneda, den Präsidentenpalast in Santiago, teil und wurde dafür ausgezeichnet. In den Wochen nach dem Putsch war er Sicherheitsoffizier des als „Schlächter des Nordens“ bekannten Generals Arellano Stark, der für Massaker an Gefangenen im Norden Chiles verantwortlich ist. Fernandez wurde dann hoher Offizier der berüchtigten DINA. Er unterstand unmittelbar dem Chef dieses Geheimdienstes, Manuel Contreras. Auch dann noch, als die DINA in den neuen Geheimdienst CNI überführt wurde und Contreras eine Art Privatarmee erhielt. Über seine Rolle bei der Ermordung Leteliers sagte er im Februar gegenüber dem Richter und auch gegenüber einem Reporter der Washington Post, er sei von Espinoza 1976 beauftragt worden, zusammen mit dem DINA–Agenten Michael Townley - dem Mörder Leteliers, wie er erst eine Zeit nach der Tat herausfand - nach Paraguay zu gehen, dort falsche Papiere zu besorgen und zu einer „geheimen Erkundungsmision“ in die USA zu reisen. Dieser Plan scheiterte jedoch, und er sei dann im August 1976 mit einer Frau, Liliana Walker, unter einem falschen Namen nach Washington geflogen. Dort habe er Leteliers Arbeitsstelle, das linksliberale „Institute for Policy Studies“ kontaktiert und außerdem dessen Privatadresse ermittelt. Dort habe man ihm gesagt, Letelier werde die nächsten zwanzig Tage nicht in Washington sein. All dies habe er Espinoza telefonisch und dann auch am 9. September Townley persönlich auf dem Flughafen in New York gesagt, bevor er nach Chile zurückgekehrt sei. Dem habe er außerdem einige Landkarten, Auf zeichnungen und Bargeld zurückgegeben. Letelier wurde zwölf Tage später ermordet. Espinoza habe ihn beautragt zu behaupten, Letelier sei von „der Opposition“ umgebracht worden, um einen bevorstehenden Besuch des chilenischen Außenministers bei der UNO zu diskreditieren. Da sei ihm klargeworden, daß er zu dem Attentat beigetragen habe. Sein damaliger Komplize Michael Townley wurde 1978 an die USA ausgeliefert. Dort gestand er den Mordanschlag an dem Exilpolitiker. Dieses Geständnis war Teil eines Kronzeugen–Deals. Als Gegenleistung hatte sich die US–Staatsanwaltschaft bereiterklärt, gegen ihn kein Verfahren wegen anderer Straftaten einzuleiten und Townley auch nicht in andere Länder auszuliefern. Denn Townley, der heute mit einer neuen Identität irgendwo in den USA lebt, war ebenfalls für den Mord an dem im argentinischen Exil lebenden General Prats 1974 verantwortlich, der bis zum Putsch zu Allende gehalten hatte. Die USA wiesen ein von Argentinien nach dem Ende der Diktatur gestelltes Auslieferungsbegehren ab. Townley wurde als einziger in einer Nacht– und Nebelaktion von einer mit Contreras rivalisierenden Geheimdienstfraktion an die USA ausgeliefert. Die Furcht, als Mitwisser aus dem Weg geräumt zu werden, mag Fernandez zur Flucht aus Chile bewogen haben. Fernandez kann bezeugen, daß Pinochet den Mord an Letelier persönlich befohlen hat.

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