: Ein bisschen so wie früher
Die Maschinenbaufirma Sket ist dank des Windkraftbooms größte Arbeitgeberin in Magdeburg. Noch vor Jahren galt das Unternehmen als hoffnungsloser Sanierungsfall
MAGDEBURG taz ■ „Die wichtigste Zäsur unserer jüngeren Firmengeschichte war unser Konkurs 1996.“ Dirk Pollak meint das völlig ernst. 12.000 Menschen arbeiteten einst bei Sket, dem größten Maschinenbauer des Landes. Aber das war zu Zeiten, als der Firmenname noch „VEB Schwermaschinenkombinat Ernst Thälmann“ lautete. Ganze 170 Leute waren noch angestellt, als Dirk Pollak 1996 den Geschäftsführerposten einer der Sket-Auffanggesellschaft übernahm.
Eine Milliarde Mark hatte die Treuhand in das Unternehmen gesteckt und wie Sauerbier in der Branche angeboten. Auf dem Weltmarkt des Anlagenbaus aber lasteten schwere Überkapazitäten, das ostdeutsche Maschinenbau-Flaggschiff schien da gänzlich überflüssig. Das sah der Friese Aloys Wobben anders. Gemeinsam mit dem Maschinenbauer Heinz Buse kaufte sich der Windkraftpionier und Enercon-Geschäftsführer bei Pollaks Auffanggesellschaft ein. Dort, wo früher Walzstraßen, Zementwerke oder Verseilmaschinen hergestellt wurden, entstehen heute Windkraftanlagen.
19 Millionen Euro setzte Sket im ersten Windjahr um, im zweiten waren es schon 22 Millionen. Trotz Konjunkturflaute rechnet Pollak in diesem Jahr mit 60 Millionen. Schließlich sind die Auftragsbücher gut gefüllt. Das heißt: Seit Neugründung 1997 verzeichnet Sket jährliche Zuwächse von 20 Prozent.
„Drei Viertel unseres Umsatzes erwirtschaften wir in Sachen Wind“, sagt Pollak. Zwar bemüht sich Sket auch um andere Aufträge, „unser Erfolg ist aber zweifelsfrei mit dem Aufschwung der Windkraft verbunden“. Längst hat Enercon andere Sket-Hallen gekauft, um von hier aus die Fertigung und den gesamten Ost-Vertrieb zu koordinieren. Das einst nur als „Thälmann“ bezeichnete Werk ist mit insgesamt 1.500 Mitarbeitern heute wieder größter Arbeitgeber der Region.
Deutschlandweit arbeiten mittlerweile 75.000 Menschen in der Windenergiebranche. Das sind mehr als in der Steinkohle und Atomindustrie zusammen. In keiner anderen Branche fanden so viele Menschen einen neuen Job wie hier: Seit 1996 hat sich die Zahl der Arbeitsplätze verdoppelt. Angst, dass der Boom ein jähes Ende findet, kennt Pollak nicht: „Wir sind ein flexibles Unternehmen, das sich auf neue Bedingungen einstellen kann.“ Wochenendarbeit ist kein Problem. Gute Facharbeiter zu finden, dagegen mittlerweile schon. Und das, obwohl in Magdeburg die Arbeitslosenquote mehr als 20 Prozent beträgt. Pollak, der einst als Betriebsschlosser bei Sket anfing, beschäftigt mittlerweile 30 Auszubildende. „Bester Ausbildungsbetrieb“ in Magdeburg soll sein Werk werden – was ein bisschen nach früheren Zeiten klingt. Aber das ist durchaus beabsichtigt: „Ich möchte, dass man wieder stolz darauf ist, bei Sket zu arbeiten.“NICK REIMER
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