: Ein Testballon aus Banja Luka
Bosnische Serben drohen mit einer Abspaltung ihrer Teilrepublik vom Gesamtstaat Bosnien und Herzegowina. Internationale Gemeinschaft reagiert zurückhaltend.
SARAJEVO taz Die serbische Teilrepublik in Bosnien und Herzegowina, die "Republika Srpska" (RS), rüstet auf. Jedenfalls mit Flaggen, die in allen Städten aufgezogen worden sind. Es handelt sich dabei um die Flagge der Republik Serbien, der "Republika Srbija". Die Ähnlichkeit der Namen der beiden Staatsgebilde und die Flaggen demonstrieren nach außen, was in der vergangenen Woche im Parlament der Hauptstadt der Republika Srpska, Banja Luka, angedroht wurde: die Loslösung der serbischen Teilrepublik von Bosnien und Herzegowina.
Viele radikale Serben wünschen sich sogar mehr. Sie wollen die von Serben beherrschten Gebiete in Bosnien und Herzegowina mit Serbien vereinigen. Die Sprechchöre bei den Demonstrationen der bosnischen Serben hätten aber an die Mobilisierungen serbischer Nationalisten kurz vor dem Krieg 1992 erinnert und böse Erinnerungen wachgerufen, berichteten Augenzeugen. So forderten am vergangenen Freitag Demonstranten in der südbosnischen Stadt Foca "Schlachtet die Albaner", "Zerstört die Moscheen" oder "Messer, Draht, Srebrenica". Die serbische Oppositionelle und Leiterin des Fonds für Humanitäres Recht, Natasa Kandic, warnt angesichts solcher Töne vor der Rückkehr der Miloðevic-Zeit. Doch noch ist Bosnien und Herzegowina nicht zerfallen. Das Parlament der Republika Srpska verurteilte am 21. Februar in einer Entschließung die Unabhängigkeit Kosovos als illegal und drohte mit einer Volksabstimmung über den Status in dem gemeinsam mit der kroatisch-muslimischen Föderation gebildeten Staat. Weiter heißt es: "Falls eine bedeutende Anzahl der Mitglieder der Vereinten Nationen und vor allem der Mitglieder der Europäischen Union die Unabhängigkeit des Kosovo und Metohija anerkennen , würde damit ein neues internationales Prinzip der Selbstbestimmung anerkannt, das die Sezession einschließt." Im Klartext: Mit der diplomatischen Anerkennung des Kosovo durch die Mehrheit der Mitgliedsstaaten der UN wäre auch die RS berechtigt, sich von Bosnien und Herzegowina loszusagen. Ob sie das jedoch wirklich tun will, bleibt offen.
Offensichtlich testet man die internationale Reaktion. Und die fällt nicht gerade lautstark und entschieden aus. Am 26. Februar trifft sich der Friedensimplementierungsrat PIC. In dem Gremium sind viele Staaten und internationale Organisationen vertreten, die die Entwicklung in Bosnien beobachten und lenken.
Kurz zuvor erklärte der seit Sommer dieses Jahres amtierende Hohe Repräsentant Miroslav Lajcak zwar, Bosnien und Herzegowina sei ein international anerkannter Staat und die territoriale Integrität des Staates durch den Vertrag von Dayton 1995 garantiert. Er forderte die Autoritäten der RS jedoch nicht mit allem Nachdruck auf, auf solche Resolutionen zu verzichten. Auch ließ er sich nicht dazu herab, derart volksverhetzende Sprüche wie bei der Demonstration in Foca zu verurteilen. Stattdessen bedankte sich Lajcak bei dem Innenminister der RS für die professionelle Polizeiarbeit und lobte Regierungschef Milorad Dodik, weil er zur Ruhe und Besonnenheit aufgerufen hatte.
Dass sich die politische Situation seit dem Oktober letzten Jahres verschlechtert habe, wie es der Hohe Repräsentant meine, sei eine reine Untertreibung, erklären diplomatische Quellen. Die Autorität der internationalen Institutionen habe in den letzten Monaten gelitten, von der EU kämen keine neuen Impulse mehr, und die Amerikaner hätten sich militärisch zurückgezogen, beklagen nichtserbische bosnische Politiker in Sarajevo.
Dass Proteste in Bosnien auch friedlich sein und positive Zeichen setzen können, zeigte sich am vergangenen Samstag, als mehrere tausend Menschen den Lokalpolitikern die Rote Karte zeigten. Die Menschen demonstrierten gegen die Tatenlosigkeit der Behörden angesichts einer wachsenden Jugendkriminalität und sich verschärfender Problemen von Jugendlichen.
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