Ein Selbstversuch: Die Schufa erteilt Auskunft
Ab dem 1. April soll die Geheimniskrämerei von Auskunfteien wie der Schufa ein Ende haben. Jeder Verbraucher darf seine Daten kostenlos abrufen. Wirklich? Ein Versuch!
BERLIN taz | Plötzlich ist die Kreditkarte gesperrt. Ein Versandhändler will nur per Nachnahme liefern. Der Handyvertrag wird abgelehnt. Das kann jederzeit auch all jenen passieren, die keine Schulden haben. Der Grund: Zum Beispiel ein negativer Schufa-Eintrag. Die Schufa, die Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung und andere Auskunfteien verdienen ihr Geld damit, Verbraucherdaten zu speichern – Adresse, Umzüge, Mahnbescheide. Daraus ermitteln sie das wahrscheinliche Zahlungsverhalten von Kunden – für Banken, Vermieter, Telekomfirmen.
Kunden hatten bisher kaum einen Einblick, die Firmen rückten die Daten nicht für jeden raus. Das ändert sich jetzt, seit dem 1. April greift eine Neuregelung im Datenschutz. Jeder kann einmal im Jahr kostenlos Einsicht verlangen in die über ihn gespeicherten Daten. Ein Versuch, ein Anruf unter 01805/724832 bei der Schufa (Slogan : "Wir schaffen Vertrauen") genügt.
"Herzlich willkommen", sagt eine automatische, weibliche Telefonstimme. Es dauert keine Minute, dann ist eine Frau in der Leitung, die erklärt, dass es eine Auskunft nur schriftlich gibt, dass dafür ein Bestellformular ausgefüllt werden muss, dass dieses jeder über das Internet bekommen kann. Dann sagt sie: "Im Moment ist unsere Seite //:http://onlinetaz.hal.taz.de/http://www.meineschufa.de allerdings etwas überlastet, nicht wundern". Es ist Tag 1 der Auskunftspflicht. Sie bekommen bei der Schufa "viele, viele" Anrufe an diesem Tag. Und die Seite baut sich einfach nicht auf.
"Ich spiele das aber trotzdem mal mit Ihnen durch", sagt die Schufa-Mitarbeiterin – "Sie gehen auf unsere Seite, links zu Produkte, dann Datenübersicht nach Paragraph 43 Bundesdatenschutzgesetz, klicken Sie auf Jetzt bestellen." Etwas umständlich ist das, aber gut, weiter. "Den Ausdruck füllen Sie aus und schicken ihn mit einer Kopie Ihres Ausweises ab".
Sie verspricht, dass dann zügig eine Liste käme, mit allen gespeicherten eigenen Daten. Die Schufa speichert, ob Kunden eine EC- oder eine Kreditkarte haben. Sie weiß, wie hoch die Schulden sind, ob sie ordentlich abbezahlt werden. Sie errechnet aus über 370 Millionen Einzeldaten Punktwerte, die so genannten Scores. Die Kunden erhielten nun ein Sammelsurium von Daten, "nichts ist erklärt", meint die Frau im Schufa-Call-Center. Das erstaunt. Die Auskunfteien sind eigentlich verpflichtet, auch offen zu legen, wie sie etwa die Daten gewichten. Schließlich kann der Score schon allein deshalb schlecht ausfallen, weil die Nachbarn Schulden haben, die Wohngegend eine schlechten Ruf hat. Dann kann es sogar schwierig werden, ein Girokonto zu eröffnen. Da ist eine Nachfrage fällig.
"Nein", "Nein" – natürlich würden die Scorewerte auch erläutert, so die Antwort. Inwieweit das über die einfache Regel "Je besser der Wert von 1 bis 1.000, desto kreditwürdiger ist der Kunde" hinaus geht, bleibt jedoch offen. Dafür macht sie ein Angebot: "Für 12,50 Euro pro Jahr können Sie künftig nicht nur einmal im Jahr, sondern kontinuierlich online nachverfolgen, welche Daten gerade von Ihnen gespeichert sind."
Der Dienst gegen Geld garantiert mehr Transparenz, ist so selbstlos allerdings nicht. Immerhin fielen Fehler schneller auf. Und Fehler passieren oft. Namen werden falsch geschrieben, Daten verwechselt. Als das Bundesverbraucherministerium vor einiger Zeit die Datensammlungen prüfen ließ, kam heraus, dass die Schufa bei fast jeder zweiten Person Fehler macht. Mögliche Folge: Der Kunde rutscht in einen schlechten Score ab, Darlehen zum Beispiel können empfindlich teurer werden.
Es dauert jedenfalls länger als einen Tag bis zur Gratis-Auskunft. Abschrecken lassen sollte sich davon aber keiner. So riet der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar: "Nehmen Sie Ihre Rechte wahr! Eine kritische Öffentlichkeit und aufmerksame Bürgerinnen und Bürger sind der wahre Garant für Datenschutz". Er hat Vordrucke für eine Anfrage bei verschiedenen Auskunfteien ins Netz gestellt. "Verbraucher sollten auf klare Auskünfte pochen", meint auch Gerd Billen, Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv). Sein Verband hat eine Online-Umfrage gestartet, damit jeder seine Erfahrungen mit dem neuen Auskunftsrecht schildern kann. Am Tag 1 der neuen Auskunftspflicht lässt sich nur dies sagen. Der Abschied von der Schufa ist freundlich - "Vielen Dank für Ihren Anruf", sagt die Mitarbeiterin.
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