: Ein Prozent Bewegung
Die Koalitionsfraktionen haben den Haushaltsplan für 2020 nachjustiert. Mit der Verschiebung von rund 50 Millionen Euro sollen Akzente gesetzt werden
Von Benno Schirrmeister
Während als Symptome der Coronakrise in Haushaltsdebatten sonst astronomische Zahlen und superlative Pakete auftreten, sind die Bremer Koalitionsfraktionen wieder im Alltag angelangt. Am Donnerstag haben die Chef*innen von SPD, Grünen und Der Linken erläutert, welche Akzente sie setzen wollen, um deutlich zu machen, „wie wir uns ein soziales, klimagerechtes und innovatives Bremen vorstelle“, wie Mustafa Güngör (SPD) betonte. Die Ausgaben für ihre Änderungsideen summieren sich auf rund 50 Millionen Euro.
Insgesamt sorgen sie damit für etwa ein Prozent Bewegung innerhalb des Etat-Ansatzes von 5,7 Milliarden Euro für 2020, den Finanzsenator Dietmar Strehl (Grüne) am 19. Mai in die Bürgerschaft eingebracht hatte. Der sei und bleibe „verfassungskonform“, betonte Björn Fecker (Grüne), komme also abgesehen von den Nothilfe-Maßnahmen ohne Neuverschuldung aus, auch mit den Änderungen. Ebenso werde die Versorgungsrücklage nicht angetastet. Ein bisschen wächst das Haushaltsvolumen aber doch: „Wir haben den Abstand zum Sicherheitsabstand verringert“, sagte Sofia Leonidakis (Die Linke).
Sicherheitsabstand war vor Corona ein rein finanzpolitischer Begriff – und ein umstrittener. Während die Linke forderte, das zulässige Kreditvolumen voll auszuschöpfen, pocht der Stabilitätsrat, in dem Bund und Länder Bremens Finanzen überwachen, darauf, dass Bremen in seinen Haushaltsplänen eine geringere Neuverschuldung vorsieht als vom Sanierungspfad eigentlich zugelassen. Im Raum steht die Drohung, dass das andernfalls negative Auswirkungen auf die Beihilfen fürs Land haben könnte – die Bremen allerdings laut Grundgesetz zustehen.
Die Akzente im Einzelnen sind lebensnah gedacht: So bekommt die Schule auf der Heuen 30.000 Euro, um Instrumente für ein Schulorchester anzuschaffen, mit 168.000 Euro bekommt erstmals auch das Junge Theater Bremerhaven, das unschätzbare Jugend- und Sozialarbeit leistet, eine Landeszuweisung. Viele der Maßnahmen haben eine starke symbolische Strahlkraft. So haben sich die Koalitionäre auf ein 1,6 Millionen teures 1.000-Bäume-Programm verständigt, senden mit der Einrichtung eines Pop-Büros, einem Schallschutzfonds und einem Bühnen-Budget für Musikklubs plus einer Förderung des Klubverstärker-Vereins ein deutliches Signal an diese bislang allenfalls tolerierte Szene.
Auch haben SPD, Grüne und Linke sich darauf verständigt, die Errichtung eines Gedenkortes für Laye Alama Condé zu ermöglichen. In den Haushalt sollen dafür 60.000 Euro eingestellt werden. Condé, 1969 in Sierra Leone geboren, war im Alter von 35 Jahren mittels Brechmittelfolter in Bremen getötet worden – in Obhut der Polizei.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen