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Ein Hochhaus im Kiez

■ Mysteriöses 18-Etagen-Projekt beim Kreuzberger Bauamt

Kreuzberg. Hoch hinaus wollen sie eben alle. Während die AL Berlin-weit gegen den Daimler-Klotz am Potsdamer Platz Front macht, förderte die Behörde der alternativen Baustadträtin von Kreuzberg, Franziska Eichstädt-Bohlig, im tiefsten Kiez ein eigenes Hochhausprojekt. 18 Stockwerke hoch sollte das riesige Bauwerk an der Ecke von Gitschiner- und Lobeckstraße in den Himmel ragen. Sechs Geschosse waren für Büros vorgesehen, elf Etagen für - selbstverständlich freifinanzierte und deshalb teure Appartementwohnungen. Ein putziger Kegel sollte den Turm krönen. Die Geschoßflächenzahl (GFZ) bezifferten die Bauherren mit 6,1; das Grundstück wäre damit fast doppelt so dicht mit Stein und Beton bepackt worden wie es Daimler-Benz am Potsdamer Platz gestattet werden soll. Die Eichstädt-Behörde lehnte diese Pläne des Architektenbüros „Pechtold, Ruprecht, Schlicht, Schulze-Rohr“ nicht etwa prompt und rundweg ab, sondern empfahl sie noch im Juni der Senatsbauverwaltung zur wohlwollenden Prüfung. Die Senatsbehörde hätte nämlich eine Befreiung vom gültigen Bebauungsplan erteilen müssen: An dieser Ecke ist eigentlich nur eine GFZ von 1,5 erlaubt.

„Ich habe versucht, das Projekt ins Gespräch zu bringen“, räumt der Leiter des Kreuzberger Stadtplanungsamtes, Ratei, ein. Das sei „ohne Frau Eichstädts Wissen“ geschehen, versichert der Amtsleiter - als ob es die Sache besser machen würde, wenn die Stadträtin ihren Beamten hinterherlaufen muß. Genau dies passierte nämlich: Etwa „eine Stunde“ vor der entscheidenden Sitzung des Senatsbeirats für Stadtgestaltung am 27. Juni habe Eichstädt plötzlich beim Bausenator ihre Bedenken gegen den langen Lulatsch angemeldet - so erinnert sich zumindest Architekt Jakob Schulze-Rohr (nebenbei übrigens der Ehemann von Lea Rosh).

Weil auch der Senatsbeirat die Hochhauspläne ablehnte, will sich Schulze-Rohr jetzt noch einmal mit dem Bezirk zusammensetzen und einen „Konsens“ suchen. Was die Baustadträtin darüber denkt, war gestern nicht zu erfahren. Der Kreuzberger SPD-Chef Peter Strieder - schon mitten im Wahlkampf - fand harte Worte für Eichstädts Ausrutscher: Gegen eine „City Kreuzberg“ sei ja nichts einzuwenden. Trotzdem dürften „Geschichte und Stadtbild des Bezirks nicht vergewaltigt werden“.

hmt

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