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Eigentlich will Rot-Grün nur ein einziges Endlager für allen Atommüll – so steht es im Koalitionsvertrag. Doch obwohl „Schacht Konrad“ ungeeignet ist, muss sich Umweltminister Jürgen Trittin vorwerfen lassen, seine Genehmigung zu betreiben ■ Aus Hannover Jürgen VogesKeine Macht über den nutzlosen Schacht

Weiß im Geschäftsbereich von Jürgen Trittin die eine Hand nicht, was die andere tut? Oder treibt das Bundesumweltministerium beim Endlagerprojekt Schacht Konrad tatsächlich jenes doppelte Spiel, das der niedersächsische Umweltminister Wolfgang Jüttner seinem Berliner Amtskollegen vorwirft? Das Bundesamt für Strahlenschutz hat jedenfalls dem Umweltministerium in Hannover kurz vor dem Jahreswechsel ein elfseitiges Schreiben geschickt, in dem es vorherige Aussagen von Jürgen Trittin zu dem Atommüllendlager ausführlich in Abrede stellt.

Trittin hatte Anfang Oktober in einem „bundesaufsichtlichen“ Gespräch die niedersächsische Genehmigungsbehörde aufgefordert, das ganze Endlagerprojekt noch einmal detailliert „fachlich und rechtlich“ zu überprüfen. Das Umweltministerium in Hannover erstellte auf Grundlage dieses Gesprächs einen 28 Punkte umfassenden Fragenkatalog an das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), das für den Bund bei den Niedersachsen die Genehmigung des Endlagers beantragt hat. Mit Hilfe der Fragen sollte abgeklärt werden, wo in dem Genehmigungsverfahren, wie es Trittin ausgedrückt hatte, „noch offene Punkte“ sind. Anders als vorher sein Dienstherr vermochte das Bundesamt diese allerdings nicht auszumachen. Alle Fragen, die das niedersächsische Umweltministerium auf Veranlassung von Trittin gestellt hatte, sieht das Bundesamt in Salzgitter als bereits geklärt an.

Ohne Belang für das Schacht-Konrad-Verfahren ist es in den Augen des BfS etwa, dass die rot-grüne Bundesregierung an einem neuen Entsorgungskonzept arbeitet. Gerade entwickelt ein Arbeitskreis des Bundesumweltministers Kriterien für ein Endlager für alle Arten von radioaktivem Abfall. Das Ein-Endlager-Konzept sei eine Zielvorstellung, deren Realisierbarkeit erst in der Zukunft beurteilt werden könne, heißt es in dem Schreiben des Bundesamtes. Für die Umweltverträglichkeitsprüfung des Endlagers Konrad, in der eigentlich auch immer Alternativen zu dem beantragten Projekt berücksichtigt werden müssen, stelle das Ein-Endlager-Konzept allerdings keine Alternative zu Schacht Konrad dar.

Die Langzeitsicherheit eines Endlagers Konrad hält das Bundesamt für ausreichend begründet. Auch zu Risiken von Atomtransporten in das geplante Endlager lagen ihm „keine neuen Erkenntnisse vor“. Ebenso wollte das Bundesamt keine neuen Überlegungen zu möglichen Störfällen beim Betrieb des Endlagers anstellen. Dabei hatte Bundesumweltminister Jürgen Trittin Anfang Oktober ausdrücklich eine Prüfung verlangt, „ob der Auslegung der Anlage ein neuer, dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechender Störfallplanungsgrenzwert zu Grunde zu legen ist“.

Der Präsident des Bundesamtes, Wolfram König, begründete gestern das Verhalten seiner Behörde mit deren Rolle als Antragstellerin im Genehmigungsverfahren. Für Fragen der Entsorgungspolitik sei das Bundesamt nicht zuständig. Die müsse das Land direkt mit dem Bund erörtern, sagte König. Weitere Prüfungen im Konrad-Verfahren könne das Land als Genehmigungsbehörde jederzeit anordnen. Die habe jedoch nicht der Antragsteller selbst vorzuschlagen.

Niedersachsens Umweltminister Jüttner spricht demgegenüber von einem „doppelten Spiel“ des Bundesumweltministeriums, das öffentlich ein Endlager Schacht Konrad zwar ablehne, über das Bundesamt für Strahlenschutz und auch als atomrechtliche Aufsichtsbehörde des Landes alles tue, „um eine zügige Genehmigung des Endlagers durchzusetzen“.

Der Zusammenschluss der Initiativen gegen das Endlager, die „Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad“, spricht weiterhin von einem Schwarzer-Peter-Spiel zwischen Bonn und Berlin um die eigentlich überflüssige Atommüllkippe. Bei Wolfgang Jüttner vermisst der Sprecher der AG, Peter Dickel, den Mut, seine Möglichkeiten wirklich auszutesten und auch ohne Unterstützung aus Berlin einen ablehnenden Planfeststellungsbeschluss zu schreiben – und so dem Endlager die Genehmigung zu verweigern. Weitaus schärfer fällt allerdings Dickels Kritik an Trittin aus. Bei dem habe man „nicht die Spur einer Veranlassung, auf irgendetwas zu vertrauen“. Seit anderthalb Jahren sei der Bundesumweltminister bei Schacht Konrad am Zuge. Trittin müsse endlich jene bundesaufsichtliche Weisung zur Planrechtfertigung des Endlagers aufheben, die noch seine Amtsvorgängerin Angela Merkel erlassen habe, verlangte Peter Dickel. Mit dieser Weisung hatte die damalige Bundesumweltministerin es Niedersachsen untersagt, dem Endlager mit der Begründung „Kein Bedarf“ die Genehmigung zu verweigern. Diese Weisung stehe schließlich in striktem Gegensatz zur rot-grünen Koalitionsvereinbarung auf Bundesebene, die nur ein Endlager für alle Arten von radioaktiven Abfällen vorsieht.

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