■ Um Antwort wird gebeten: Eiertanz in den Volkspark
Vor Einladungen kann sich das Präsidium des FC St. Pauli dieser Tage kaum retten. Schon zum dritten Mal in kurzer Zeit werden Heinz Weisener & Co. um Erscheinen ersucht – die Arbeitsgemeinschaft interessierter MitgliederInnen (AGiM) läßt bitten. Ging es im Mai um die Zukunft der Regionalliga-Amateure am Millerntor und vor 14 Tagen um die Schaffung eines Verwaltungsrats, verlangen die engagierten Anhänger nun „eine öffentliche Diskussion“ über die jüngst beschlossene Verlegung von vier Heimspielen ins Volksparkstadion.
„Die von der Vereinsführung vorgebrachten Argumente sind für uns nicht nachvollziehbar“, heißt es im Offenen Brief der AGiM. Die Entscheidung, fast ein Viertel aller Heimspiele beim HSV auszutragen – „aus wirtschaftlichen Gründen“, sagt das Präsidium –, treffe „auf großes Unverständnis“. Vor Beginn des Dauerkartenverkaufs in gut einer Woche möge der Vorstand „unseres FC St. Pauli“ seine Argumente den Fans und Mitgliedern darlegen.
Nun könnten es Papa Weisener und sein Führungsnachwuchs für angebracht halten, sich ruhig zurückzulehnen und den ersten Ärger verrauchen zu lassen. Was machen schon ein paar überideologisierte Political-Correctness-Fetischisten und aufgeregte Drohungen, bestellte Dauerkarten zu stornieren? Doch kanzlerhaftes Aussitzen kommt hier nicht in Frage, weil zu spät.
Zu lange schon eiert der FC-Vorstand herum. Es bestehe inzwischen „ein großer Erklärungsbedarf“, drängt die AGiM auf „Offenlegung“ – zu Recht. Zwangen vergangene Serie Sicherheitsprobleme zum Abwandern, wird jetzt mit der bereits seit fast einem Jahr bekannten Beitragserhöhung der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft ein alter Hut als Erklärung bemüht. Demnächst wird vielleicht die mit Holzschutzmittel verseuchte Anzeigentafel ins Spielfeld geführt. Oder epidemisch im Wilhelm-Koch-Stadion auftretende Bratfettallergien, hervorgerufen durch aggressive Thüringerschwaden, die von den Würstchenbuden in die Nordkurve ziehen.
Man könnte den Anhängern aber auch reines Bier einschenken: Dann kann jeder entscheiden, ob er auch zukünftig beim FC einkehren will. C. Gerlach
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen