piwik no script img

Ehrenstaatsbürgerschaft verliehenDirigent Barenboim wird Palästinenser

Von den Israelis skeptisch beäugt, von den Palästinensern geliebt: Dem Dirigenten Daniel Barenboim wird die palästinensische Ehrenstaatsbürgerschaft verliehen.

Mag Wagner und die Palästinenser: Daniel Barenboim. Bild: ap

JERUSALEM taz So skeptisch die Israelis dem Pianisten und Dirigenten Daniel Barenboim gegenüberstehen, so vorbehaltlos lieben ihn die Palästinenser. Am Wochenende haben sie ihm die palästinensische Ehrenstaatsbürgerschaft verliehen, weil er sich "unter den schwierigsten Umständen mit dem unter Besatzung lebenden Volk solidarisierte", wie Mustafa Barguti, ehemals Informationsminister und jetzt Präsidentschaftskandidat, in Ramallah erklärte.

Zusammen mit dem inzwischen verstorbenen Literaturwissenschaftler Edward Said hatte Barenboim 1999 das Orchester "West-Eastern-Divan" gegründet, ein "Forum", wie der Musiker selbst schrieb, "in dem sich junge Leute aus Israel und allen arabischen Ländern frei äußern" und gleichzeitig dem anderen zuhören könnten.

In Israel ist Barenboim weniger aufgrund seiner offenen Sympathie für die Palästinenser umstritten, als für seine Haltung zu Richard Wagner, den er ungeachtet des israelischen Boykotts in Jerusalem aufführen ließ, als Ausdruck einer "humanitären Idee", wie er erklärte. Edward Said, der amerikanisch-palästinensische Denker, ist das Bindeglied zwischen Barenboim und Barguti, der die Idee für die Ehrenbürgerschaft hatte. Im Juni 2002 gründeten Barguti und Said gemeinsam die Partei "Palästinensische National-Initiative", aus dem Wunsch heraus, den Wählern eine Alternative zur korrupten Fatah und zur islamistischen Hamas zu bieten. "Er hat den Palästinensern und der palästinensischen Musik einen großen Dienst erwiesen", begründete Barguti nun die Entscheidung von Regierung und Palästinenserpräsident.

Seit drei Jahren finanziert die Barenboim-Said-Stiftung den Unterricht an Musikinstrumenten im Westjordanland und den Aufbau eines Jugendorchesters. Barenboim habe sich zudem "stets für einen gerechten Frieden eingesetzt". Der vorläufig weltweit einzige Israeli mit palästinensischer Staatsbürgerschaft habe sich "beeindruckt und sehr sehr glücklich" gezeigt, als ihm die Ehrung im Anschluss an ein Klavierkonzert in Ramallah zuteil wurde.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!