Ehemaliger Daimler-Chef: Edzard Reuter ist tot
Reuter wollte Daimler vom Autobauer zum Technologie-Imperium aufbauen – und scheiterte. Der Sozialdemokrat äußerte sich immer wieder politisch.
Der studierte Mathematiker und Jurist kam 1965 zu Daimler-Benz und wurde dort 1976 Vorstandsmitglied. Zweimal war er als Chef schon im Gespräch gewesen, zweimal jedoch wurden ihm andere Kandidaten vorgezogen. 1987 klappte es dann.
Wäre es nach Reuter gegangen, dann wäre der heutige Autobauer Mercedes-Benz ein ganz anderes Unternehmen. Reuter hatte in seiner Ära versucht, den Autokonzern zu einem viel breiter aufgestellten Technologie-Imperium zu machen.
Heute gibt es den früheren klassischen Daimler-Konzern nicht mehr. Er hatte sich 2021 aufgespalten. Die bisherige Lastwagensparte wurde als Daimler Truck abgespalten. Und die Autos sind nun in der Mercedes-Benz Group AG gebündelt.
Einsatz für friedliches Zusammenleben der Kulturen
Reuter verhalf Daimler zu einer eigenen Luft- und Raumfahrttochter, der DASA. Auch AEG, Dornier und MTU gehörten dazu. Das brachte dem Chef viel Aufmerksamkeit, doch am Ende scheiterte die Vision. Daimler kehrte zurück zum Kerngeschäft. Was blieb, war ein Milliardenverlust – und Reuter wurde den von Kritikern aufgedrückten Stempel des größten Kapitalvernichters aller Zeiten nie mehr los.
Er selbst hat seinen Kurs immer verteidigt. „Wir haben im Einzelnen bei unserem Versuch, einen Technologiekonzern aufzubauen, gewaltige Fehler gemacht – gar kein Zweifel“, sagte er einmal der Deutschen Presse-Agentur. „Aber der grundsätzliche Weg ist nach meiner festen Überzeugung absolut richtig gewesen.“ Man habe schon damals überlegt, wie die Zukunft der Autoindustrie aussehen könne und wie das Unternehmen sich darauf einstellen solle.
Reuter war der Sohn des legendären Berliner Regierenden Bürgermeisters Ernst Reuter. Die Familie floh 1935 vor den Nationalsozialisten ins türkische Exil, sodass der spätere Auto-Manager einen Großteil seiner Kindheit und Jugend in Ankara verbrachte. Wie sein Vater war er jahrzehntelanges Mitglied der SPD.
Er äußerte sich immer wieder zu politischen und gesellschaftlichen Themen, kritisierte nationalistische Entwicklungen in Europa. „Wir müssen lernen, dass Fremde, die zu uns kommen und mit uns leben, auch unser Leben bereichern können, auch ändern können“, sagte Reuter einmal der dpa. Von seinem Haus am Rande Stuttgarts aus führte Reuter selbst die nach ihm und seiner Frau Helga benannte Stiftung, die sich für ein friedliches Zusammenleben von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen einsetzt.
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