piwik no script img

Ehec in DeutschlandSelbst gezogene Sprossen verdächtig

Ehec-Fahnder versuchen zu klären, wie der Darmkeim an Sprossen eines niedersächsischen Biohofs kam. Ein Bundesinstitut rät auch vom Verzehr selbst gezogener roher Sprossen ab.

Wanted: Sprossen. Bild: dpa

BERLIN dpa/dapd | Binnen sechs Wochen sind in Deutschland mindestens 35 an dem gefährlichen Darmkeim Ehec oder dem Hämolytisch-Urämischen Syndrom (HUS) erkrankte Menschen gestorben. Das teilte das Robert-Koch-Institut (RKI) am Montag in Berlin mit. Immerhin scheint der Höhepunkt der Anfang Mai ausgebrochenen Epidemie überschritten zu sein: Die Zahl der Neuinfizierten sinkt laut RKI. Derweil empfahl das Bundesinstitut für Risikoforschung (BfR) den Verbrauchern, auch auf selbstgezogene Sprossen und Keimlinge zu verzichten.

Das Saatgut dafür könnte mit dem Darmkeim Ehec belastet sein, hieß es. Bei einer Familie aus Niedersachsen bestehe der Verdacht, dass selbstgezogene Sprossen Ursache für eine Ehec-Erkrankung seien. Allerdings habe der Erreger noch nicht in den Samen nachgewiesen werden können, so das BfR. "Wenn bereits die Samen mit Keimen belastet sind, dann schützt auch die Einhaltung von Küchenhygieneregeln nicht vor einer Ehec-Erkrankung", sagte BfR-Präsident Andreas Hensel.

Laut RKI sind 3.228 Menschen an Ehec oder HUS erkrankt, die meisten davon sind weiblich und über 20 Jahre alt. Es handele sich um den bislang größten Ausbruch in Deutschland, hieß es. Am Freitag waren Sprossen aus einem Biobetrieb im niedersächsischen Bienenbüttel als eine Quelle der Ehec-Welle ausgemacht worden. Allerdings ist bislang ungeklärt, ob der Erreger vom Typ O104 durch verunreinigtes Saatgut oder durch infizierte Mitarbeiterinnen auf die Sprossen gelangt ist.

Derweil analysierten Experten die Sprossenverzehrgewohnheiten von Mitarbeitern bei dem Bienenbütteler Sprossenerzeuger. Demnach aßen fünf Beschäftige, die entweder Ehec-positiv getestet worden waren oder im Mai Erkrankungssymptome gezeigt hatten, bevorzugt die Sprossenarten Brokkoli, Knoblauch und Bockshorn.

Die vier befragten Mitarbeiter, die weder Erkrankungssymptome noch einen positiven Labornachweis aufwiesen, aßen hingegen bevorzugt die Sprossenarten Alfalfa und Würzige Mischung. Die niedersächsische Gesundheitsministerin Aygül Özkan (CDU) sagte, das Ergebnis könne ein Hinweis auf eine bestimmte Sprossenart und damit auf einen Ursprung der Infektion durch das Saatgut sein.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • E
    EPetras

    Bitte zwei Tatsachen nicht vergessen:

     

    1. Das Bakterium ist resistent gegen mehrere Antibiotika, die wirklich in der Tiermast eingesetzt werden. Höchst bedenklich ist nebenbei, dass eines davon das einzige ist, das beim Menschen gegen die gefährliche Borreliose hilft. Solche Erreger entstehen immer wiedder in der Intensivtierhaltung, da braucht es kein Geheinlabor.

     

    2. Alle Proben unberührter Sprossen des getesteten Betriebes waren negativ. Die einzig belastete Probe war angebrochen in der Mülltonne, die Erkrankten hatten daraus gegessen.

     

    Fazit: Selbst, wenn Sprossen tatsächlich Verbreiter (!, nicht Quelle!) gewesen sein sollten (haben alle erkrankten Omis Sprossen gegessen???), bleibt die Frage nach den Ursachen, der Ausgangsquelle.

     

    Übertragungen von Erregern der Intensivmast 8resistente Campylobakter aus der Geflügel- udn Schweinehaltung, sowie MRSA) geschehen ständig, tausende Menschen erkranken, etliche sterben, keinen interessiert es. Warum sollte der neue Keim da andere Wege gehen?

     

    Warum testet man nicht endlich systematisch die Mastbetriebe? nicht nur Geflügel und Schweine, auch Kälber müssen etliche Medikamente schlucken. Warum sollten dabei - oder bei der Bullenmast im Stall - keine Resistenzen entstehen?

     

    Gemüse produziert kein EHEC. Es ist somit keine Verschwörungstheorie, nach den Ursachen zu forschen und eine Art der Tierhaltung zu fordern, die den derzeit üblichen, massiven Medikamenteneinsatz, der überflüssig macht und der nicht durch Engstaufstallung den schnellen Wirtswechsel und damit Mutationen von Viren und Bakterien fördert!

  • A
    allwissend

    Ich weiß es!!!

    Nach intensiver Prüfung aller Informationen kann es nur eine Ursache geben:

    Die Bakterien wurden von der geldgeilen, umweltfeindlichen Tierzüchtermafia in Zusammenarbeit mit CIA, Mossad, KGB, ojemine, gezüchtet und in einer streng geheimen Kommandoaktion vom Französischen Geheimdienst beim Biohof ausgesetzt, mit dem Ziel die guten, selbstlosen, sakrosankten Biobetriebe zu diskreditieren und die Konkurrenz der Gemüsebauern zu schädigen. Und wer was anderes sagt, hat entweder keine Ahnung, ist von der gesteuerten Presse manipuliert oder vom industriellen-umweltfeindlichen Komplex gekauft.

    Amen!

  • A
    ansgar

    @ Engel: Du kannst von der Palme ruhig wieder 'runterkommen: Der Gärtnerhof giesst nicht mit Abwasser. Es wird überhaupt nicht gedüngt. Sprossen brauchen keinen Dünger.

    Die Coli-Bakterien wurden in den Betrieb eingeschleppt. Wie und wodurch wird noch untersucht.

    Die Sprossen fungierten lediglich als Träger der Bakterien. Ausserdem bleibt zu fragen, wieviele der bundesweit Erkrankten überhaupt die Sprossen des Gärtnerhofes assen. Wahrscheinlich gibt es noch weitere Infektionswege, die nur noch nicht gefunden/aufgedeckt wurden. Der EHEC-positive Sprossenfund in der Mülltonne im Sommer ist zudem problematisch. In Millionen weiterer Mülltonnen liessen sich wohl EHEC-Bakterien, aber keine Sprossen finden.

     

    Laut Oberveterinärrat der zuständigen Kontrollbehörde wurde der Betrieb laufend kontrolliert und arbeitete immer hygienisch einwandfrei. Insofern ist es nicht die Schuld des Betriebes. Das sagt sogar der nds. Landwirtschaftsminister. Der Gärtnerhof hat nach eigener Aussage (auf der Webseite) noch im Mai einige Sprossenarten beproben lassen - Ergebnis: EHEC-negativ.

     

    Coli-Bakterien des inkriminierten Typs siedeln hauptsächlich in Därmen von wiederkäuenden Tieren, das sollte als Orientierungspunkt nicht vergessen werden. Schmierinfektionsketten können diese Bakterien dennoch auch in ganz andere Bereiche verbringen, u.a. auf die Sprossen.

     

    Der andere Verdacht richtet sich gegen die EHEC-Verseuchung der Samen, die u.a. aus China stammten. Auch das wird noch untersucht. Warten wir es ab, bevor wir sinnlos herumspekulieren.

  • SB
    Silka Bär

    So, jetzt sind es also die Sprossen-Samen.

    Das Ganze kommt mir vor wie ein Blindflug.

    Was darf es denn morgen sein?

    Aus Samen werden ja nicht nur Sprossen gezogen. Jede Pflanze wird aus Samen gezogen. Die Radieschen, die Zwiebeln, der Brokkoli.

    Wenn EHEC auf dem Keim dieser Pflanzen ist, ist er dann auch auf dem "erwachsenen" Radieschen? Wird als nächstes davor gewarnt?

    Ist es nicht eher sicher das die "Experten" nix wissen?

    Mein Verdacht ist ja das unsere Massentierhaltung mit der enormen Produktion von Gülle der eigentliche Verursacher ist. Die Gülle wird ja wohl als Dünger auf Felder aufgebrach und gelangt dann vielleicht auch ins Grund- oder Oberflächenwasser. Von da dann wieder auf die Felder, weil bei dieser Dürre ja bestimmt gewässert wurde.

    Außerdem soll es sich doch um eine Schmierinfektion handeln. Da muss im Lebensmittel produzierendem Gewerbe mit erhöhter Sauberkeit gearbeitet werden. Das das nicht überall der Fall ist, ist doch hinreichend bekannt. Selbst kleine Ausrutscher können da verheerend sein.

    Aber bei allen Möglichkeiten, sind es doch nur Vermutungen. Sicher ist nur, dass man seine Lebensmittel sehr sorgsam behandeln muss und Sauberkeit in der Küche unablässlich ist, das man außerdem darauf achten sollte wo man was kauft und einer Massenproduktion klare Absagen erteilt.

    Ich jedenfalls werde "meine" Sprossen und Radieschen aus dem eigenen Garten weiter sorgsam verarbeiten und essen.

  • N
    Nopp

    Was sind das alles für unfähige Wissenschaftler und Politiker!Toll,ich ernähre mich seit Jahren mit Alfa Alfa,Bockshorn und div.selbsgezogenen Sprossen im Glas.

    Das kann ich nach diesen Aussagen wohl jetzt vergessen!

    Erst der Salat und Gurken dann plötzlich Entwarnung!

    Jetzt sind es Bio Sprossen....sollen wir jetzt alle nur noch Fleisch und Rinderdreck in Mengen futtern oder was? Bin mal gepannt wann Gefügel,Fisch und Eier als Erreger Nr.1 dazu kommen weil wieder einmal ein paar korrupte Säcke im Land richtig Kohle abschröpfen wollen und ihren unersättlichen Hals nicht voll bekommen.Dieses Land k*tzt mich wirklich nur noch an!Bäh.....

  • P
    PeterWolf

    @Thomas Engel

    Ich kann Ihnen da nur zustimmen, die Sprossentheorie ist äußerst fragwürdig.

    Stellt sich nämlich auch die Frage, warum denn nur vier Mitarbeiter an EHEC erkrankt sein sollen, andere Mitarbeiter aber nicht angesteckt haben.

    Erinnert sich jemand eigentlich noch an die Nummer mir der multiblen osteuropäischen Killerin, deren DNS an diversen Tatorten gefunden wurde?

    (War tatsächlich aber nur die Verpackungsarbeiterin der Wattestäbchen)

    Könnten die EHEC-Bakterien bzw. DNS-Spuren an den Sprossen vielleicht auch aus einer Kontamination von anderen Proben von Erkrankten im selben Labor stammen?

     

    Viele Grüße

  • N
    Noblinski

    Zehn gefährliche Keime, das ist so wenig, das findet man in einem Glas schlecht geklärtem Trinkwasser. Deswegen ist ja z.B. das technische Verbinden von Trink- und Brauchwassersystemen in D streng verboten. Und da gibt es doch tatsächlich solche Idioten, die ihre kleinen Kinder während dieser Epedemie in Elbwasser taufen lassen. Möge ihnen der Überirdische, wenn es ihn gibt, gnädig sein.

  • A
    azorenhoch

    Warum eigentlich warnt die britische regierung alle Lebensmittelunternehmen vor bakteriellen Terroranschlägen? Die Seqenzierung dieses neuen Erregers mit seiner Multiresistenz gegen Antibiotika lässt eine Entstehung in freier Natur äußerst unwahrscheinlich erscheinen.

    Die Saatgutkontamination könnte bewußt erfolgt sein. Und der "Nährboden" beim ziehen der Sprossen scheint diesem Erreger gut zu tun.

    Auch wir in Deutschland sollten uns ähnlich wie die Briten auf diese neue Art des Terrors einstellen.

  • TE
    Thomas Engel

    Selbstgezogene Sprossen? Überprüft eigentlich irgendjemand, wie wahrscheinlich das ist?

     

    Unter welchen Bedingungen können die Bakterien überhaupt überleben? Ist es überhaupt möglich, dass die Bakterien auf den Samen überleben?

     

    1. Wie kommen die Bakterien auf die Samen?

     

    2. Wie werden die Samen gelagert? Überstehen das die Bakterien überhaupt?

     

    3. Wie lange lagern die Samen?

     

    4. Wie lange dauert es vom Pflanzen bis zum Ernten der Sprossen? Können die Bakterien das überhaup überstehen?

     

    Ich wünsche mir, dass mal Experten (Biologen) gefragt werden, ob die Theorien wissenschaftlich überhaupt bestehen können! Ich habe nämlich das Gefühl, dass uns hier inzwischen ganz schön viel Mist aufgetischt wird!

     

    Für mich ist die wahrscheinlichste Möglichkeit, dass der Biohof genau das gemacht hat, was wir den Spaniern vorgeworfen haben: Gießen mit Abwasser!

     

    Aber nein, dem Hof wurde ja inzwischen Absolution erteilt, ohne dass die Ursache überhaupt geklärt wurde!