piwik no script img

Ehec-ErregerAuf erfolgloser Suche

Gesundheitsminister Bahr räumt Versorgungsengpässe durch den Ehec-Erreger ein. In Hamburg will er die Uni-Klinik Eppendorf besuchen. Für Mittwoch ist ein Krisengipfel geplant.

Die Ergebnisse der Proben aus einem Lübecker Lokal werden für Montag erwartet. Bild: dpa

BERLIN/LÜBECK dpa | Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hat eingeräumt, dass durch den aggressiven Darmkeim Ehec in manchen Krankenhäusern Engpässe entstanden sind. Bild am Sonntag sagte Bahr, dass es in der Krankenversorgung eine angespannte Lage gebe. Bewältigen könne man dies damit, dass fehlende Kapazitäten - etwa in den Städten Hamburg und Bremen - durch freie Plätze in den umliegenden Krankenhäusern ausgeglichen würden, betonte der Minister.

Am Sonntag wolle er sich im Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf (UKE), einen Überblick zur Versorgungslage von Ehec- und Hus-Patienten verschaffen. Im UKE werden zahlreiche an dem Darmkeim Erkrankte intensivmedizinisch versorgt. Für kommenden Mittwoch ist nach Informationen von Bild am Sonntag ein EHEC-Krisengipfel mit Bahr und Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) sowie mit den Fachministern der Länder vermutlich in Berlin geplant.

Unterdessen hat die EU-Kommission angekündigt, dass sie Deutschland bei der Suche nach dem Ehec-Ausbruchsort helfen will. EU-Gesundheitskommissar John Dalli bot an, EU-Experten zu schicken. Außerdem soll eine Ehec-Internetplattform bis Montag gestartet werden, über die Behörden gezielt Informationen austauschen können. Unter anderem sollen zudem Hinweise auf Behandlungsformen vom RKI ins Englische übersetzt und den EU-Staaten bereitgestellt werden. Der Ausbruch soll am Montag auch eines der Themen beim Treffen der EU-Gesundheitsminister in Luxemburg werden.

Mögliche Spur in Lübeck

Bei der Fahndung nach dem aggressiven Darmkeim EHEC weist eine mögliche Spur nach Lübeck: Wie das ZDF berichtet, sind bei drei Gruppen, die in demselben Restaurant gegessen haben, später Ehec-Fälle aufgetreten. Das Lokal wurde von den Gesundheitsbehörden bereits untersucht - nach Angaben von Gastronom Joachim Berger jedoch ohne Befund.

Die Lübecker Nachrichten berichteten, es könnten sich bis zu 17 Patienten in Bergers Lokal angesteckt haben. Nach Informationen des ZDFs handelt es sich um eine dänische Reisegruppe, eine Gewerkschaftsgruppe sowie eine Familie. Aus der Gewerkschaftsgruppe sei eine Frau gestorben, zwei seien schwer erkrankt.

"Die waren aber drei, vier Tage in Lübeck und haben somit nicht nur bei uns gegessen", betonte Berger am Samstagabend. "Bei uns waren sie am letzten Abend. Sie waren im Hotel und haben Frühstücksbüffet gemacht, sie haben eben überall etwas zu sich genommen." Bei ihm sei unter anderem Fleisch und Salat serviert worden. "Ob sie nun alle Salat gegessen haben, das weiß ich nicht", sagte Berger.

Anfang der Woche seien bereits Hygiene- und Reinigungspläne sowie Lieferwege kontrolliert worden, berichtete Bergers Küchenchef Frank Michel. Das Kieler Landwirtschaftsministerium sieht bislang "keine heiße Spur", wie Ministeriumssprecher Christian Seyfert sagte. Untersuchungsergebnisse des zuständigen Robert Koch-Instituts (RKI) lägen bislang nicht vor. Eine RKI-Sprecherin bestätigte, dass ein Team zu Kontrollen in Lübeck war.

Berger schloss im Gespräch mit dem ZDF nicht aus, dass er eine verseuchte Lieferung erhalten haben könnte. Seine Ware komme über Zwischenhändler vom Großhandel in Hamburg, berichtete der Gastronom. Seinem Lieferanten vertraue er. "Er hat uns auch eine Unbedenklichkeitsbescheinigung gegeben."

Um ganz sicher zu gehen, habe er von sich aus alle Mitarbeiter, die in der Küche arbeiten, zum Labor geschickt, um eine Stuhlprobe untersuchen zu lassen. Die Ergebnisse sollen am Montag vorliegen, sagte Berger. Küchenchef Michel betonte, die Belegschaft werde mit demselben Essen wie die Gäste versorgt, und niemand sei erkrankt.

Hamburger Hafenfest als Auslöser ausgeschlossen

Vermutungen, nach denen Großveranstaltungen wie der Hamburger Hafengeburtstag als Ausbreitungsort für die Ehec-Welle infrage kommen, wiesen die Behörden am Samstag zurück. Die Hamburger Gesundheitsbehörde berichtete auf Nachfrage, RKI-Experten hätten bereits vor zehn Tagen das Hafenfest als Auslöser der Ehec-Welle ausgeschlossen. Auch das RKI betonte, "Pressemeldungen, wonach Ehec-Infektionen mit Großveranstaltungen in Verbindung gebracht werden, decken sich nicht mit den Erkenntnissen des RKI und stehen im Widerspruch zu dem epidemiologischen Profil des Ausbruchs".

Bundesweit stieg die Zahl der Ehec-Infektionen am Wochenende weiter. Allein in Niedersachsen wurden am Samstag 458 Fälle und Verdachtsfälle gezählt - 40 mehr als am Vortag. Mindestens 520 Patienten leiden im ganzen Land an dem lebensgefährlichen HU-Syndrom (HUS). Daran sind in Deutschland mindestens 18 Menschen gestorben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!