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Editorial von Manuela Heim zum Auftakt der taz-ArbeitsserieStatt der guten Arbeit

Die Vision einer „Stadt der guten Arbeit“: Gerade im Vorfeld des 1. Mai wird sie gern bemüht, von den Gewerkschaften etwa und auch von Arbeitssenatorin Elke Breitenbach (Linke). Vorausgesetzt, wir einigen uns, was Arbeit überhaupt ist, und bleiben nicht in der Diskussion über die Fixierung auf Lohnarbeit stecken, dann schließen sich weitere Fragen an: Wann ist Arbeit gut? Wenn sich davon gut leben lässt?

Wie arm manche BerlinerInnen trotz Arbeit sind, darüber geben Statistiken zumindest Anhaltspunkte: 150.000 Menschen beziehen Hartz IV, obwohl sie arbeiten – immerhin 8 Prozent der Erwerbstätigen. In der vergangenen Woche hat die Hans-Böckler-Stiftung eine Studie zu den verfügbaren Einkommen in Deutschland veröffentlicht. Berlin steht da zwar im Vergleich zu den Vorjahren etwas besser, aber im Reigen der deutschen Großstädte recht schlecht da. 5.000 Euro weniger als etwa die HamburgerInnen haben BerlinerInnen pro Jahr zur Verfügung. Von den MünchnerInnen wollen wir gar nicht reden.

Wie reich wiederum manche BerlinerInnen sind, bleibt ein Mysterium. Vor einigen Jahren hat einmal ein Journalist sich bemüht, nicht nur das untere, sondern auch das obere Ende deutscher Vermögensverhältnisse zu erfassen, „Arm und Reich“ hieß das Buch. Es ist sehr dünn geworden. Auch in den üblichen Statistiken, etwa dem Mikrozensus, heißt es in Sachen Einkommen nach oben hin schlicht: „2.600 Euro und mehr“. Als wäre es kein Unterschied, ob jemand als LehrerIn 2.800 Euro oder als Chef eines Wohnungsunternehmens 200.000 Euro netto im Monat verdient! Wir viel braucht es denn, um gut zu leben?

Und überhaupt: Ist Arbeit nicht erst dann gut, wenn sich nicht nur davon, sondern auch damit gut leben lässt? Sollte Arbeit nicht auch Hauptquell gesellschaftlichen Zusammenhalts, der Wertschätzung und Selbstverwirklichung sein? Ist es nicht fatal, dass ein erheblicher Teil wertvoller Arbeit nicht entlohnt wird und zugleich große Anteile entlohnter Arbeit nicht wertvoll im gesamtgesellschaftlichen Sinne sind? Und hat nicht auch „the easiest way to get rich“ seinen Preis?

Berlin ist „noch weit entfernt von der Stadt der guten Arbeit“, sagt die Arbeitssenatorin im Vorfeld des 1. Mai. Also was kriegen wir dann statt der guten Arbeit? Mit unserer Arbeit in Serie werfen wir alle zwei Wochen Schlaglichter auf die Berliner Arbeitswelt, auf spannende Entwicklungen und bedenkliche Phänomene. Mehrfachjobber, Flaschensammler, Armutsrentner: Wir schauen dahin, wo es wehtut. Aber auch dahin, wo sich eine Menge Schotter verdienen lässt. Wir stellen Fragen nach Gewissen, Wertschätzung und Perspektiven. Zum Auftakt direkt ein Sprung ins Haifischbecken: „Jemand mit sozialem Gewissen hat in der Branche nichts zu suchen.“ Ahnen Sie schon, wohin die Reise geht? berlin

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