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Ecopop-Abstimmung in der SchweizKeine Grenzen für die Einwanderung

In der Schweiz ist eine rassistische Volkabstimmung zur Begrenzung von Einwanderung wohl gescheitert. Ebenso fanden zwei weitere Initiativen keine Mehrheit.

Klares Nein: Die Schweizer lehnen eine drastische Beschränkung der Zuwanderung ab. Bild: dpa

GENF afp | Die Schweizer Bevölkerung hat sich in drei mit Spannung erwarteten Referenden offenbar gegen eine weiter gedrosselte Zuwanderung, höhere Steuern für Reiche und größere Goldreserven der Nationalbank ausgesprochen. Drei entsprechende Vorhaben seien bei landesweiten Volksabstimmungen am Sonntag jeweils abgelehnt worden, berichtete das eidgenössische Fernsehen unter Berufung auf Nachwahlprognosen des Berner Instituts GfS und vorläufige Ergebnisse aus einigen der 26 Kantone.

Damit scheiterte unter anderem der Vorschlag einer Umweltinitiative, die Zuwanderung von Ausländern auf 0,2 Prozent der ständigen Schweizer Wohnbevölkerung zu begrenzen – was rund 16.000 Einwandern im Jahr entsprochen hätte, etwa einem Fünftel des bisherigen Zuzugs.

Wäre die Vereinigung Umwelt und Bevölkerung (Ecopop) mit ihrem Plan für eine gedrosselte Einwanderung erfolgreich gewesen, hätte die Schweiz wohl auch neue Absprachen mit der EU gebraucht, da Brüssel auf unbedingte Personenfreizügigkeit pocht. Ferner hatte Ecopop vorgeschlagen, zehn Prozent der eidgenössischen Entwicklungsgelder für Verhütungsprogramme in ärmeren Ländern auszugeben. Begründet wurden beide Vorschläge mit der „Überforderung der Natur“ durch „Überbevölkerung“ und immer mehr zubetonierte Grünflächen.

Die Schweizer Regierung, alle großen Parteien sowie Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften hatten gegen den Plan opponiert. Neben fremdenfeindlicher Stimmungsmache kritisierten sie auch die Gefahren für die Wirtschaft, die auf ausländische Fachkräfte dringend angewiesen sei. Nach jetzigem Stand machen Ausländer fast ein Viertel der Gesamtbevölkerung in der Schweiz aus.

Keine Steuererhöhung für Millionäre

Vergebens warb letztlich auch die Volksinitiative „Schluss mit den Steuerprivilegien für Millionäre“ dafür, die sogenannte Pauschalbesteuerung von reichen Ausländern abzuschaffen, die zwar in der Schweiz wohnen, aber nicht dort arbeiten. Damit können sich die mehr als 5.700 ausländischen Millionäre und Milliardäre in der Alpenrepublik auch weiterhin nach Lebenshaltungskosten statt nach dem Einkommen besteuern lassen.

Eine Niederlage erlitt am Sonntag auch die Initiative „Rettet unser Schweizer Gold“. Diese hatte durchsetzen wollen, dass die Zentralbank den Anteil der Goldreserven an ihrem Gesamtvermögen von derzeit sieben auf 20 Prozent erhöht. Außerdem sollten im Ausland gelagerte Reserven in die Schweiz geholt und selbst in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nicht mehr verkauft werden dürfen.

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5 Kommentare

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  • Ergänzend zum taz-Artikel über die Abstimmungen 4Q/'14 auf eidgenössischer Ebene:

     

    Die Volksinitiative der AL (Alternative Linke), die Pauschalbesteuerung gesamtschweizerisch, also auf der Bundesebene, abzuschaffen scheiterte.

     

    Interessant wäre es – auch in der taz – zu erfahren, in welchen Kantonen solche (kantonalen) Volksinitiativen schon erfolgreich waren.

     

    So stimmten wir z.B. in Zürich (d.h. im Kanton Zürich) vor ein paar Jahren dafür.

  • D
    D.J.

    Nochmals: Der Vorschlag war xenophob, aber nicht rassistisch. Xenophob = wir haben Angst vor jeglicher Einwanderung, die ein sehr geringes Maß überschreitet. Rassistisch z.B. = wir nehmen nur Inuit, keine Serben. Kann man sich also solche Schlagworte in den Überschriften nicht sparen? Ich fühle mich da immer an die penetrante Erziehungsatittüde des Öff.-Rechtl. Fernsehens erinnert.

    • @D.J.:

      «Ecopop» war vor allem extrem – erlaubt den Ausdruck, denn er trifft voll zu – dumm. Darum auch «haushoch» abgelehnt.

    • @D.J.:

      "Nochmals: Der Vorschlag war xenophob, aber nicht rassistisch."

       

      In aller Kürze, wenn in solchen Initiativen Konstruktionen von Höherwertigkeit (Schweizer*innen) auf der einen und Minderwertigkeit auf der anderen Seite (Ausländer*innen) verwendet werden, die auf ein biologisch/naturgegebenes "Die sind halt so!" verweisen, lässt sich bewiesenermaßen schon von einer rasssistischen Volksabstimmung sprechen. Denn Xenophobie hingegen setzt voraus, dass diejenigen, die als Fremde bezeichnet werden, auch als solche konstriert werden, Z.B. anhand bestimmter angenommener "Eigenheiten" oder aufgrund vermeintlich gemeinsamer äußerer Merkmale. Oder könnte ein Walliser eine Oberländerin nicht auch erstmal fremd bzw. beängstigend finden?

    • @D.J.:

      Die taz hat eine Mission, da können Sie nicht an journalistischen Ethos appellieren.